23. Dezember

Sonntagmorgen, vierter Advent. Morgen war Heiligabend. Monique schaute aus dem offenen Schlafzimmerfenster und atmete die kalte Morgenluft ein. Es hatte geschneit. Nicht viel, aber immerhin 15 Zentimeter. «Hoffentlich bleibt der Schnee liegen bis Weihnachten», dachte sie, als ihr Blick über die weissen Dächer der umliegenden Häuser und die schneebedeckten Büsche im Vorgarten der Kirche fiel. Das Weihnachtsfest im Schrebergarten der Familie Kovatsch wäre umso schöner.

Am Samstag hatten sie zusammen mit Jiri – ja, sie hatten endlich Duzis gemacht mit Kovatsch – die Einzelheiten des Weihnachtsfestes festgelegt. Jiri hatte sie aufgefordert, ebenfalls Verwandte und Freunde einzuladen. Von denen hatten allerdings die meisten abgewinkt: zu spät, zu spontan und überhaupt, wozu hat man extra einen Baum gekauft.

Mit dabei sein würden aber Göttibub Gregor und seine Eltern Susanne und Max, Moniques und Retos Eltern, zwei Single-Frauen aus der Yogaklasse und Michael, Retos bester Freund, seit kurzem geschieden. 25 Personen insgesamt. Das Häuschen des Schrebergartens genügte bei weitem nicht. Also musste ein Zelt her, das würde Reto noch am Montag organisieren müssen.

«Es wird ein wunderschönes Weihnachtsfest», dachte Monique und merkte dann, dass sie langsam kalte Füsse bekam. Sie schloss das Fenster. Und stutzte: «Warum war eigentlich Jiris Frau bei der Besprechung gestern nicht dabei gewesen?» Jiri war nun x-mal bei ihnen aufgekreuzt in den letzten Wochen, man kannte seinen Cousin, hatte ihn sogar bei sich aufgenommen – nur Frau Kovatsch war nie dabei gewesen.

Höchste Zeit also, auch mit ihr näher Bekanntschaft zu machen. Am Nachmittag würde sie zu ihr gehen und übers Festmenü reden. Auch wenn bereits abgemacht war, dass sie, Reto und Kenneth-František für den vegetarischen Teil zuständig sein würden, während Jiri sich dem Schweinebraten und den Knödeln widmen würde. Noch offen war nämlich, was es zum Nachtisch geben würde. (bal)

Auch vor über fünfzig Jahren war Schnee an Weihnachten offenbar nicht die Regel. Im Film «White Christmas» (1954) zumindest geht es (unter anderem) um das Warten auf den Schnee.

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