15. Dezember

Wirklich adventlich war die Stimmung im «Manor» dann doch nicht gewesen: Beschallt von «Oh du fröhliche»- und «Go, tell it on the mountain»-Klängen hatten Reto und Monique sich durch die Menschenmengen gewühlt. Kerzen und Streichhölzer hatten sie zum Glück rasch gefunden. Das Angebot an Christbaumschmuck jedoch hatte sie leicht überfordert: Sie konnten sich zwischen den glitzernden Christbaumkugeln, silbernen Tannzapfen, bunt bemalten Kätzchen, Fischen, Elchen und Einhörnern für gar nichts entscheiden. Die blinkenden LED-Rentiere und Weihnachtsmänner hatten ihnen den Rest gegeben, sodass sie schliesslich unverrichteter Dinge schleunigst nach Hause gekehrt waren.

Als Monique zwei Tage später die dritte Kerze am Adventskranz anzündete, fiel ihr ein, dass sie den Baum völlig vergessen hatten. Er war wohl noch immer bei der Geschenk-Aufbewahrung beim «Manor».

Sie blickte Reto an, der sich soeben zu ihr an den Frühstückstisch setzen wollte. «Der Christbaum», sagte sie nur, und blies das Streichholz aus. Reto erstarrte einen Moment und sah Monique mit grossen Augen an. Dann brachen beide in schallendes Gelächter aus.

«Was machen wir jetzt?», wollte Reto wissen. «Nichts», sagte Monique und zuckte mit den Schultern. «Vielleicht musste das so sein. Vielleicht lässt sich Weihnachtsstimmung nicht einfach herstellen», fügte sie leise an.

Reto lief um den Tisch herum, setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schulter. Monique lächelte verstohlen. Schweigend sassen sie da und blickten in die brennenden Kerzen. (sys)

Das romantischste Adventslied aller Zeiten: «Oh come, oh come, Emmanuel» (The Piano Guys)

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