Keine Radikalisierung, keine Diskriminierung

In Frankreichs neuerlichem Kopftuchstreit hat auch Staatspräsident Emmanuel Macron eingegriffen. Bei der Pressekonferenz zum französisch-deutschen Gipfel in Toulouse erteilte er sowohl einer Radikalisierung der Gesellschaft als auch einer Diskriminierung muslimischer Mitbürger eine Absage. Die Republik müsse ungeteilt zusammenstehen, zitiert ihn die Zeitung «La Croix» von Donnerstag.

Der Politologe und Leiter der politischen Denkfabrik Cap (Conseils, analyses et perspectives), Stephane Rozes, warf Macron eine «fatale Unentschiedenheit» vor. Mit jedem Anschlag, zuletzt dem auf die Polizeipräfektur von Paris, werde die Frage muslimischer Symbole von neuem diskutiert, und zwar mehr oder weniger konzertiert von Islamisten oder der extremen politischen Rechten.

Blosse laizistische Absichtserklärungen und eine Abwälzung der Verantwortung auf Volksbildungsmassnahmen hülfen nicht weiter.

Anlass der neuerlichen hitzigen Debatte ist ein jüngster Vorfall in einer Feuerwehreinheit in Creil nördlich von Paris. Ein Feuerwehrmann hatte dort den Besuch einer Schulklasse abgebrochen, weil eine begleitende Schülermutter ihr muslimisches Kopftuch nicht ablegen wollte.

Demütigung einer Muslimin

Bildungsminister Jean-Michel Blanquer sagte dazu laut Medienberichten, das Tragen eines Kopftuchs sei «in unserer Gesellschaft nicht erwünscht». Laut Gesetz sei es in der Öffentlichkeit zwar erlaubt, so Blanquer, und damit auch bei Schulausflügen; «wir wollen das Phänomen aber nicht fördern».

Im Regionalparlament Burgund hatte zuvor der Abgeordnete der rechtsextremen Partei Rassemblement National, Julien Odoul, das Ablegen des Kopftuch eingefordert. Der Abgeordnete Aurelien Tache von der Regierungspartei La Republique en Marche (LREM) zeigte sich empört; dies sei eine «Demütigung» einer Muslimin durch einen gewählten Abgeordneten.

Verbot religiöser Zeichen

Der neue Präsident der Republikaner in Frankreich, Christian Jacob, kündigte für Ende Oktober einen Gesetzesvorschlag an, der religiöse Neutralität von Begleitern bei Schulausflügen vorschreiben soll.

Zu Wochenbeginn wurde zudem eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop zum Thema veröffentlicht. Zwei von drei Franzosen seien für ein Verbot sichtbarer religiöser Zeichen bei Begleitern von Schulausflügen.

Die Gesetzeslage ist nicht eindeutig. Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht sieht Eltern, die eine Schülergruppe begleiten, nicht wie Lehrer oder Mitarbeiter der Schule an. Mithin gilt für sie kein Kopftuchverbot.

Ein Verwaltungsgericht in Lyon unterschied zwischen Begleitpersonen und Personen, die ähnlich wie Lehrer in Schulaktivitäten eingreifen. Seit 2004 ist Schülern in Frankreich verboten, ein Kopftuch zu tragen. (kna)

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