Erzbistum Köln diskutiert Schlüsselfragen

Eine Zielskizze mit Vorschlägen für die Seelsorge im Jahr 2030 hat die Erzdiözese Köln entwickelt. Die Vorschläge stossen an der Basis auf ein unterschiedliches Echo.

Von Andreas Otto

Die Schlüsselfrage ist für manche katholische Gemeinde eine Schlüsselfrage. Wer also darüber entscheidet, welche Gruppe wann einen Zugang zum Pfarrheim bekommt, hat für das Leben an der Kirchenbasis mitunter ein grosses Gewicht. Was darf ein ehrenamtlich engagiertes Gemeindemitglied vor Ort entscheiden und was der Pfarrer, der Herr über den Schlüsselbund? Entscheidungskompetenzen hängen eben oft mit ganz pragmatischen Fragen zusammen.

Normalkatholik hat das Wort

Auch solch ein Thema kommt bei einem Regionalforum zur Sprache, zu dem das Erzbistum Köln am Samstag rund 500 Teilnehmer in die Domstadt eingeladen hat. Neben vielen Hauptamtlichen hat der Normalkatholik das Wort: ehrenamtliche Kirchenvorstände, Pfarrgemeinderäte, Verbandsvertreter. Es geht darum, wie angesichts rückläufiger Katholiken- und Priesterzahlen die Seelsorge neu aufzustellen ist.

Kardinal Rainer Maria Woelki hatte vor drei Jahren den «Pastoralen Zukunftsweg» ausgerufen – ein mehrstufiges Beratungsverfahren, an dem bisher rund 10’000 Personen teilgenommen haben. Nun liegt eine sogenannte «Zielskizze» mit Vorschlägen vor, wie die Seelsorge im Jahr 2030 aussehen könnte.

Bei dem Regionalforum – das erste von dreien – werden die Empfehlungen zur Diskussion gestellt. Sie sollen nicht einfach von oben durchgesetzt, sondern von unten mitberaten werden. Sie sehen vor allem mehr Verantwortung für Laien vor – also mehr Schlüsselgewalt. Insbesondere in den Gemeinden vor Ort sollen diese in Eigenregie tätig werden: Kindergottesdienste oder Bibelgespräche planen oder die Hilfe für Geflüchtete organisieren. Und hier scheint ein Kulturwandel notwendig. «Ich habe als Ehrenamtliche immer wieder meine Grenzen aufgezeigt bekommen», berichtet eine Frau.

45 Sekunden Redezeit

Bei dem Treffen kommen viele Themen zur Sprache – und auch das ganze Spektrum im Kirchenvolk von Maria 1.0 bis Maria 2.0. Gleich vor vier Mikrofonen bilden sich lange Schlangen. Damit möglichst viele zu Wort kommen können, darf jeder 45 Sekunden lang seine Frage oder sein Statement loswerden. Unter den Zuhörern sind auch Woelki und sein Generalvikar Markus Hofmann. Der nimmt auch zur Schlüsselfrage Stellung: Es müsse genau geklärt werden, was in der Seelsorge demnächst wer darf. Und er kündigte Pilotprojekte an, wo das Zusammenspiel zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen eingeübt wird.

Reden von Wachstum, während Kirche schrumpft

Der Zukunftsweg zielt darauf ab, dass es trotz Mitgliederschwund Aufbrüche gibt. Manch einer zweifelt daran, ob das gelingt. «Sie sprechen von Wachstum, auf der anderen Seite werden wir immer weniger», meldet sich ein Mann zu Wort. Die Vorschläge sehen auch Entlastungen für die Pfarreien vor. So sollen künftig Trägergesellschaften die Kitas betreiben. Die Idee stösst indes auf Vorbehalte. «Unsere Kitas sind organische Bestandteile unserer Gemeinden», meint ein Kirchenvorstand. Bistumsverantwortliche versuchen zu erklären, dass nur die intensive Verwaltung, nicht aber die inhaltliche Gestaltung ausgelagert werden soll.

Grossen Beifall finden Forderungen, bei der Zukunftsplanung mehr und bessere religiöse Angebote für junge Menschen zu berücksichtigen. Eine Mutter beklagt, dass der Stellenumfang des Schulseelsorgers halbiert wurde, und appelliert an den Kardinal, «bei Kindern und Jugendlichen nicht zu sparen».

Beten für die Schöpfung, und draussen steht das Auto

In der Skizze geht es weniger um Strukturen. Sie verschweigt aber nicht, dass die Pfarreien grösser werden. Die Sonntagsmesse soll dann zentral und zu festen Zeiten stattfinden – also nicht zeitlich und örtlich wechselnd. «Wir beten für den Erhalt der Schöpfung – und draussen ist der Parkplatz», stört sich ein Teilnehmer am Mobilitätszwang. Wegen weiter Wege falle für manchen die Messfeier aus, lautet ein weiterer Einwand. Demgegenüber wirbt Hofmann dafür, die Sonntagsfeier so attraktiv zu gestalten, dass sie gerne trotz weiterer Distanzen aufgesucht wird.

Kirchenpolitische Forderungen etwa nach der Priesterweihe für Frauen, wie sie derzeit auf bundesweiter Ebene diskutiert werden, sind nur vereinzelt zu hören. Dies seien Themen, die auf Bistumsebene nicht zu lösen sind, betont Hofmann. Dennoch plane die Erzdiözese auch dazu eigene Gesprächsforen. (kna)

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