«Nicht einfach zur Tagesordnung übergehen»

Medienmitteilung

Die Jahresrechnung 2018 der Katholischen Kirchgemeinde Luzern schliesst mit einem erfreulichen Plus. Zu verdanken ist das unerwartet hohen Steuereinnahmen. Zu reden aber gab vor allem das Thema der sexuellen Missbräuche in der Kirche.

Der Grosse Kirchenrat, das Parlament der Katholischen Kirchgemeinde Luzern, tagte am 22. Mai in der kürzlich erneuerten Peterskapelle. Mit der Wahl dieses Versammlungsortes «lebt eine alte Tradition auf», wie Ratspräsident Markus Trüeb erwähnte. In der Tat ist die Peterskapelle nicht nur die älteste Kirche in der Stadt Luzern, sie wurde von 1257 bis 1797 von den Luzernerinnen und Luzernern auch als Versammlungsort benutzt.

Sexueller Missbrauch macht betroffen

«Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen», sagte Markus Trüeb vor dem Eintreten auf die traktandierten Geschäfte. Der Ratspräsident sprach damit das Thema des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche an. Er zeigte sich betroffen über das Ausmass der in den letzten Monaten publik gewordenen Fälle. Trüeb forderte «die Bereitschaft zu fundamentalen Veränderungen» und eine «Rückbesinnung auf unsere christliche Botschaft». Es sei nötig, «verkrustete Machtverhältnisse» aufzubrechen und «die notwendige Erneuerung der Kirche gemeinsam voranzutreiben.»

Auch andere Ratsmitglieder äusserten sich zum Thema. Eindrücklich und berührend waren die Worte von Grosskirchenrätin Kathrin Lochbühler, die von einem Missbrauch einer ihrer Grosstanten durch den Dorfpfarrer in den zwanziger Jahren erzählte. Bezeichnenderweise wurde die Verantwortung für die Tat und deren Folgen der missbrauchten Frau zugeschoben, das Kind wurde ihr weggenommen, der Täter blieb unbehelligt. «Noch Jahrzehnte später war das Geschehen von damals ein Tabu in der Familie.»

Katholische Kirche Stadt Luzern aktiv in der Prävention

Kirchenratspräsidentin Susanna Bertschmann begrüsste die von Bischof Felix Gmür angekündigte Massnahme, dass künftig alle, die aktiv im Dienst der Kirche stehen, einen Strafregister- und Sonderprivatauszug vorweisen müssen. Insbesondere verwies Susanna Bertschmann auf die Präventionsmassnahmen, die die Katholische Kirche Stadt Luzern bereits vor einigen Jahren getroffen hat. So unterzeichnen unter anderem alle Mitarbeitenden eine Selbstverpflichtung. Demnächst steht zudem eine obligatorische Weiterbildung zum Thema Nähe und Distanz an.

Anschliessend lud Grosskirchenratspräsident Thomas Trüeb zu einer Schweigeminute «für alle Menschen ein, denen in der Katholischen Kirche Leid und Unrecht zugefügt wurde».

Die Grosskirchenrätinnen und -räte sprachen sich dafür aus, die persönlichen Statements zum Thema Missbrauch an Bischof Felix Gmür zu senden.

Überraschend positiver Rechnungsabschluss

Haupttraktandum der Sitzung war die Berichterstattung über das Jahr 2018. Mit Blick auf die umfangreichen kirchlichen Tätigkeiten hoben mehrere Ratsmitglieder hervor, wie viel in den Pfarreien und an den Standorten der Katholischen Kirche Stadt Luzern geleistet werde – zum Beispiel in der Jugendarbeit von Jubla und Pfadi oder der Sozialberatung. «Es wäre schön, wenn das riesige kirchliche Engagement für unsere Gesellschaft einer breiten Öffentlichkeit bewusster wird», meint Grosskirchenrat Moritz Stirnimann. «Alle, die sich in der Kirche für die Allgemeinheit einsetzen, haben es verdient, auch mal positiv in den Schlagzeilen zu sein.»

Der Grosse Kirchenrat verabschiedete die Jahresrechnung, die um einiges besser abschloss als budgetiert. Anstatt des erwarteten Minus von 133›200 Franken resultierte ein Plus von 1,64 Millionen. «Das liegt vor allem an den Mehrerträgen bei den Steuern, insbesondere der juristischen Personen», begründete Kirchmeierin Sibylle Lehmann die Abweichung. «Diese machen 85 Prozent der Einnahmen der Kirchgemeinde aus. «Bei der Budgetierung stützen wir uns auf die Prognosen der Stadt. Auch sie wurde im letzten Jahr von höheren Steuereinnahmen überrascht», so Lehmann.

Aufgrund des positiven Rechnungsergebnisses beschloss der Grosse Kirchenrat zusätzliche Abschreibungen von 1›109›000 Franken, dies bei ordentlichen Abschreibungen von 1›888›000 Franken. Der restliche Ertragsüberschuss von 533›000 Franken wurde dem Eigenkapitals zugewiesen.

Dabei beim Frauenstreik

Kirchenratspräsidentin Susanna Bertschmann äusserte sich zum bevorstehenden Frauenstreiktag vom 14. Juni und der Beteiligung der Kirche. Am darauffolgenden Wochenende vom 15./16. Juni rufen die Frauen auch in Luzern unter dem Slogen «Gleichberechtigung.Punkt.Amen» dazu auf, auf die fehlende Gleichstellung der Frauen in der Kirche hinzuweisen und Massnahmen zu verlangen.

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