Gedanken zum Sonntag: Jede und jeder zählt

Zum 27. Januar 2019  (1 Koritherbrief 12,12-31a; Lukasevangelium 1,1-4; 4,14-21)

von Christina und Thomas Wallimann-Sasaki*

«Da kann ich nichts ändern.» sagen 34 Prozent aller Arbeitnehmenden bezogen auf ihre Arbeitssituation (Arbeitsbarometer 2018). Sie leben mit Stress, wenig Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeit und dem Einbrechen der Arbeit ins Private. Sie sind resigniert, weil sie kaum etwas ändern können. Und fast zwei Drittel aller befragten Arbeitenden haben, wie eine Studie über das psychische Stimmungsbild 2018 berichtet, längere Phasen erlebt, wo es ihnen nicht gut ging. Wir kennen dies aber nicht nur in der Arbeitswelt. «Es kommen keine Leute mehr in die Kirche! Aber wir können dies nicht ändern.» hört man in Kirchen und Pfarreien. Und auch zu politischen Themen äussern sich viele resigniert. «Genau wegen solchen Situationen von Gefangenheit, Zerschlagenheit und Resignation und den davon betroffenen Menschen seid ihr alle gefragt!» sagt uns Lukas.

Genau in eine solche Welt wird Jesus gestellt. In bester Tradition seiner jüdischen Wurzeln erklärt er sein Programm im Lukasevangelium: Hoffnung, Perspektiven und Freiheit für Unterdrückte und Resignierte. Auch Paulus hat mit einem Brief dieses Programm der Gemeinschaft von Korinth erläutert. Er ist überzeugt, dass alle mitbeteiligt sowie auf ihre Art und Weise gefragt sind, Hoffnung, Perspektiven und Befreiung in die herausfordernden Situationen unserer Welt zu übersetzen. Dabei gilt es, besonders zu den kleinen und unbedeutenden Menschen und Tätigkeiten Sorge zu tragen.

Es sind also nicht nur «die in Bern», die Arbeitgebenden oder die Bischöfe, die für den Rest der Menschheit Hoffnung, Perspektiven oder Befreiung schaffen können. Es sind auch nicht die Arbeitenden oder die Benachteiligten, die Veränderungen alleine bewerkstelligen können. Das Vorbild Jesus zeigt, dass eine verbesserte Welt möglich ist, wenn wir alle – ohne Ausnahme – mit unseren Möglichkeiten anderen Menschen Perspektiven, Hoffnung und Befreiung schenken können – am Arbeitsplatz, in der Politik und in der Kirche. Es beginnt im Kleinen mit dem Bub, der die vielen Weihnachts-Guetzli sah und die Idee hatte, sie in der Nachbarschaft zu verschenken, und seinen Eltern, die es mit ihm in die Tat umsetzten.

Thomas Wallimann ist Theologe und Sozialethiker. Er leitet das sozialethische Institut «ethik22» in Zürich. Christina Sasaki ist Theologin und freie Mitarbeiterin bei «ethik22». Gemeinsam beraten sie auch Kirchgemeinden und Pfarreien.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/gedanken-zum-sonntag-jede-und-jeder-zaehlt/