Wichtig wäre Eintracht unter den Religionen

Der offene Impulstag der Christlichen Sozialbewegung KAB SG stand unter dem Motto «Fremde Religionen fordern uns heraus».

Gossau. – Welche Religion hat Gott? Ist er nun Christ oder Jude, gehört er dem Islam oder gar dem Hinduismus oder Buddhismus an? In der säkularen und multireligiösen Schweiz ist das Wissen um andere Religionen unabdingbare Voraussetzung für den gesellschaftlichen Zusammenhang. Diesen Fragen ging der Referent Dr. theol. Thomas Markus Meier beim Impulstag im Gymnasium Friedberg in drei längeren Vorträgen auf den Grund.

Die römisch-katholische Kirche hat heute zu allen Religionen ein positives Verhältnis. Im zweiten vatikanischen Konzil (1962 – 65) wurde festgelegt, dass die Kirche nichts ablehne, was in anderen Religionen wahr und heilig ist. Zu dieser Erklärung, welche die umstrittenste des ganzen Konzils war, kam es, weil Papst Johannes XXIII. nach der Shoa unbedingt etwas Positives zum Verhältnis Christentum – Judentum sagen wollte. Grundsätzlich hat jede Religion eine gewisse Spannbreite von liberal bis erzkonservativ.

Lineares oder zyklisches Weltbild.

Im ersten Teil stand eine Auslegeordnung der Weltreligionen auf dem Programm. Um die Weltreligionen zu verorten, bezeichnete der Referent den Hindukusch als geographische Grenze. Westlich des Hindukusch befindet sich der Ein-Gott-Glaube, Judentum, Christentum und Islam, mit seinem linearen Weltbild, einem Anfang (Schöpfung) und einem Ende (Gericht). Man nennt diese Religionen auch die Abrahmitischen. Östlich des Hindukusch sind Hinduismus und Buddhismus mit ihrem zyklischen Weltbild, einem ewigen Kreislauf. Dazu kommen die Sikhs, eine Mischung aus Islam und Buddhismus und der japanische Shinto-Glaube. Zu erwähnen ist auch noch der Zoroastrismus als ältester Ein-Gott-Glaube, dem heute vor allem die Parsen anhangen.

Im Konzil von Trient (1545 – 1563) wurde als Reaktion auf die Reformation die antike Lebensfreude übernommen, um nicht immer das Sünder-Sein zu betonen. Der Buddhismus bot den achtfachen Pfad an, mit dem der Leidenskreis durchbrochen werden kann.

Bewertung der verschiedenen Religionen.

In den weiteren Vorträgen ging es vorerst um die Frage, wie man sich zu den anderen Religionen verhalten und diese bewerten solle. Es gelte, andere zu respektieren. Was andere glauben, sollte auf keinen Fall verächtlich gemacht werden. Dazu müsse man nicht glauben, was andere glauben. «Man kann eines anderen Götter oder politische Ansichten nicht verehren, niemand erwartet das. Aber man könnte den Glauben an sie respektieren», wurde Mark Twain zitiert.

Als hervorstechende Beispiele von Religionsgesprächen in der Geistesgeschichte Europas wurden Gilbertus Crispinus (1046 – 1117), Petrus Abaelardus (1079 – 1142), Ramon Llull (1232 – 1316) und Nikolaus von Kues (1401 – 1461) zitiert, deren Einsichten darauf hinausliefen, dass es eine! Religion in verschiedenen Riten gebe. «So wurde denn nun im Himmel der Vernunft die Eintracht der Religionen beschlossen», war das Fazit dieser Betrachtungen.

Herausforderung Islam.

Einen breiten Raum beanspruchten am Nachmittag Fragen zum gegenseitigen Lernen, wechselseitiger Inspiration und hilfreicher Kritik, insbesondere gegenüber dem Islam. Niemand hätte erwartet, wie nahe sich Bibel und Koran sind. Viele Koran-Suren seien biblisch inspiriert, bemerkte Dr. Meier. Die Sure 1 sei wie das «Vaterunser» des Islam. Wer den Koran lesen wolle, sollte mit Sure 78 «Der Bericht» anfangen. Wer von vorne anfängt, bleibe leicht stecken, da am Anfang die längsten, theologisch schwierigsten Teile, stünden. Der grösste Gegensatz zum Christentum sei der Gottesbegriff. Der Islam lehnt die Vorstellung von einem dreieinigen Gott vehement ab. Die sogenannte Beigesellung, nämlich dem einzigen Gott Personen beizugesellen, ist die schwerste Sünde im Islam. Aber auch der Koran kennt ein Wetteifern um die guten Dinge.

Den über 40 anwesenden Personen wurde dann ein Blatt ausgeteilt, auf dem verschiedene Stellen aus der Bibel und dem Koran abgedruckt waren. Die Zitate mussten nun der Bibel oder dem Koran zugeteilt werden, was gar nicht einfach war. Viele lagen daneben und verwechselten Bibel und Koran. Man konnte dadurch die Verwandtschaft der beiden heiligen Bücher erkennen.

Interessant war auch die Charakterisierung der zwei Strömungen im Christentum. Es sind die Judenchristen (Hebräer) und die Heidenchristen. Für die Judenchristen ist Jesus Christus vor allem der Messias, für die Heidenchristen mit griechisch-geistigem Hintergrund Gottes Sohn.

Abschliessend stellte der Referent fest, dass vor allem die Eintracht unter den Religionen wichtig wäre. Es gehe nicht darum, Recht zu haben, sondern darum, recht zu leben. Nicht entweder oder, sondern sowohl als auch.

Theodor Looser, Freier Journalist, Altstätten

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