Muslime finden wenig Gehör in der Schweizer Presse

Zürich, 3.9.18 (kath.ch) In der Berichterstattung der Printmedien über Muslime in der Schweiz kommen die Betroffenen in über der Hälfte der sie betreffenden Beiträge nicht zu Wort, heisst es in einer Studie, welche die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) am Montag veröffentlichte. Die Boulevardpresse und die «Weltwoche» sind federführend bei der Verschärfung des Tons gegenüber Muslimen.

Erarbeitet wurde die Studie von Patrik Ettinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich. Er untersuchte 18 Printmedien.

Die Intensität der Berichterstattung werde einerseits durch Terroranschläge im europäischen Ausland beeinflusst, hält der Autor fest. Nach solchen Anschlägen wurde mehr als doppelt so häufig über Muslime in der Schweiz berichtet. Andererseits würden politische Akteure wie das «Egerkinger Komitee» durch Kampagnen im Vorfeld von Volksinitiativen regelmässig eine «Intensivierung der Berichterstattung» herbeiführen.

Einengung der Themen ab 2015

Die Vielfalt der thematischen Kontexte, in denen über Muslime in der Schweiz berichtet werde, sei hoch. Ab 2015 zeige sich aber eine zunehmende Konzentration auf die Themen «Radikalisierung» und «Terror». Themen wie «gelingende Integration» und «Alltag» der Muslime gerieten ins Hintertreffen und blieben «marginal».

Ettinger hat sich auch der «Tonalität» der Beiträge gegenüber Muslimen angenommen. Die Beiträge, welche, «Distanz gegenüber muslimischen Akteuren in der Schweiz» erzeugten, haben gemäss Studie in den Jahren 2009 bis 2017 «relativ kontinuierlich» von 22 auf 69 Prozent zugenommen. Das erkläre sich teilweise mit der Verschiebung der Aufmerksamkeit auf Themen wie «Radikalisierung», «Terror» und «gefährdete Integration».

Boulevard erzeugte Distanz

Bei der Verhärtung des Tons gegenüber Muslimen ging laut der Studie die «Weltwoche» voran, gefolgt von der Boulevardpresse, genannt werden «Sonntagsblick» und «Blick». Bei der «Weltwoche» kam die Studie auf 84 Prozent Artikel mit «Distanz erzeugendem Tenor»; bei Blättern wie der «Neuen Zürcher Zeitung» oder der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» hingegen nur auf rund dreissig Prozent.

Die «Vielfalt der Akteure und Argumente» untersuchte Patrik Ettinger an den Fallstudien «Verhüllungsverbot im Tessin», «Handschlagaffäre Therwil» und «An’Nur-Moschee» in Winterthur. Insgesamt sei bei diesen Fällen die Verteilung der zu Wort kommenden Personen «relativ vielfältig».

Einige muslimische Exponenten

Dort wo Muslime zu Wort kommen, geschehe dies häufig in einem polarisierenden Setting. Hohe Resonanz erzielten wenige Exponenten der An’Nur-Moschee und des Vereins «Islamischer Zentralrat der Schweiz» (IZRS) sowie Saïda Keller-Messahli, «die sich als Kritikerin der muslimischen Dachverbände in der Schweiz etabliert», heisst es in der Studie. Im Fall der Moschee sei aber auch der Sekretär der «Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich» (VIOZ), Muris Begovic, häufig zu Wort gekommen.

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