Schwitzen und Schützen – Zu Besuch bei der Schweizergarde

Rom, 20.8.18 (kath.ch) Jeder hier würde für den Papst sein Leben geben. Das schwören die Schweizergardisten bei ihrer Vereidigung. Doch wie sieht der Alltag der Schutztruppe hinter den Vatikan-Mauern aus? Eine Führung bietet Einblick.

Stefanie Stahlhofen

Die Anna-Pforte ist das wohl bekannteste Tor in den Vatikan. Die Schweizergardisten lassen dennoch längst nicht jeden hinein. Mit etwas Glück lässt sich jedoch bei einer Führung ein Blick hinter die Mauern und ins Quartier der derzeit 110 Mann starken päpstlichen Schutztruppe werfen.

Schweizer bevorzugt

Dazu ist eine vorherige Anfrage nötig. Landsleute werden bevorzugt, wenn es viel Interesse gibt, so wie etwa bei der jüngsten Ministrantenwallfahrt nach Rom.

Rund 70 Deutschschweizer bilden einen Pulk am Eingang, der seinen Namen der Anna-Kapelle direkt nebenan verdankt. Von hier geht es zur Vatikan-Apotheke, zum vatikanischen Fotodienst des «Osservatore Romano» oder dem päpstlichen Almosenamt.

Jenseits des Vatikan bedecken sommerlich gekleidete Besucherinnen Schultern und Knie  beim Besuch des Kirchenstaats gelten Bekleidungsregeln wie zum Betreten einer Kirche.

«Es gaht los!»

«Es gaht los!», schallt es auf Schweizerdeutsch rüber. Die Gruppe passiert die Wachposten am Eingang, biegt links ab in die Wachstube zum Innenhof des Garde-Quartiers. Dort warten die Schweizergardisten Manuel von Däniken, Thomas Marti und Roland Bircher. Jeder übernimmt etwa 20 Besucher und einen Teil der Führung, bestehend aus Werbefilm, Besuch von Waffenkammer und Kapelle.

Ausrangierte Waffen und alte Uniformen

Zuerst geht’s in die «Armeria», also Waffenkammer. Der kleine Raum birgt nicht nur jede Menge  wie Marti versichert: ausrangierte  Waffen, sondern auch alte Uniformen. Die klassische Montur der Gardisten wurde nach historischen Vorlagen entworfen: Kommandant Jules Repond rekonstruierte die Renaissance-Uniform 1915 anhand von Gemälden in den Vatikanischen Museen und im Petersdom.

Die Familienfarben zweier Päpste

Er wählte die Farbkombination in Erinnerung an den Gründerpapst der Garde, Julius II. (15031513), und des Papstes, der 1527 von der Garde gerettet wurde: Clemens VII. (15231534). Papst Julius II. schuf die Päpstliche Schweizergarde im Jahr 1506. Er gehörte zur Familie Della Rovere, deren Farben Gelb und Blau waren. Das Rot erinnert hingegen an die Familie der Medici, aus der Papst Clemens VII. stammte. An einer Wand reihen sich an Ritterzeiten erinnernde Rüstungen  diese tragen die Gardisten zur Vereidigung.

«Treu, redlich und ehrenhaft dienen»

Dabei schwören sie, «treu, redlich, und ehrenhaft zu dienen» und für den Schutz des Papstes, «wenn es erheischt sein sollte», selbst ihr Leben zu opfern. Dass dies gefordert werden kann, daran erinnert das Datum der Vereidigung am 6. Mai: An jenem Tag im Jahr 1527 starben während der Plünderung Roms durch Landsknechte Kaiser Karls V. 147 Schweizergardisten bei der Verteidigung von Papst Clemens.

Kaum wirklich kritische Vorfälle jüngeren Datums

In jüngerer Zeit gab es hingegen kaum «wirklich kritische» Vorfälle, sagt der Luzerner Gardist bei der Fragerunde im Innenhof des Gardequartiers. Seit einem Zwischenfall bei Papst Benedikt XVI. (20052013) im Jahr 2010, als während der Christmette eine Frau eine Absperrung übersprang, seien keine ähnlichen Ereignisse bekannt.

Zeit geht rum «ohne dass man es merkt»

Ob man bei zwei Stunden Dienst in der Sonne ohne trinken nicht umkippt, will jemand wissen. Bircher beruhigt: Dies gelte nur für einen einzigen Dienst im Schatten. Zuvor genug essen und trinken helfe. Natürlich schwitze man, aber ansonsten gehe die Zeit rum, «ohne dass man es merkt». Die lange Uniform schütze auch vor der Sonne. Spielt doch der Kreislauf mal nicht mit, sei das auch kein Problem  falls nötig gehe man zum Arzt.

Gottesdienstbesuch am Wochenende Pflicht

Für Gardisten zählt nicht nur körperliche Kondition, sondern auch Spiritualität. Gottesdienstbesuch am Wochenende ist Pflicht. Damit trotz verschiedener Schichten jeder Zeit hat, werden vier Messen in der kleinen Kapelle beim Gardequartier gefeiert.

«Schade, dass Frauen nicht Gardistinnen werden können»

Am Ende des Besuchs ist das Interesse bei vielen geweckt. Die 14-jährige Sonja Essig findet es «sehr schade, dass Frauen nicht gehen können». Dazu sagt Gardist Bircher, bis Frauen bei der Schweizergarde zugelassen würden, könne es «vielleicht noch eine längere Zeit dauern». Dies müsse auch von Seiten des Vatikan entschieden werden. Er sagt, die Schweizergarde sei eine Männertradition und der «Vatikan eine Männerdomäne», aber auch: «Es ist nichts ausgeschlossen. Es wird sich zeigen, was die Zukunft bringt.» (CIC)

 

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