Die Minis feiern mit Papst Franziskus ihr eigenes Fest

Rom, 1.8.18 (kath.ch) Über 60’000 Ministranten aus 18 Ländern, darunter auch über 300 Jugendliche aus der Schweiz, nahmen am Dienstag an einer Begegnung mit Papst Franziskus teil. Es ist der Höhepunkt der 12. Internationalen Ministrantenwallfahrt. Ein Augenschein vom Petersplatz.

Vera Rüttimann

Der Petersplatz in Rom. Seit seiner Kindheit hat Remo Abächerli auf diesen Platz geschaut, wenn Päpste hier Audienzen abgehalten oder den Segen «Urbi et Orbi» gespendet haben. Immer schon fragte der Wilener Ministrant sich: «Was passiert hinter diesen dicken Mauern?» Und: «Wie wohnt der Papst?» Er liebt diesen Platz, weil hier schönstes kirchliches Welttheater geboten wird.

Schon auf dem Weg zum Abendgebet mit den Papst geniesst er die vielen Sprachen, Kulturen und Kleidungsstile, die er vor den Berninisäulen wahrnimmt. Remo Abächerli, einer der 300 Schweizer Ministranten, die nach Rom angereist sind, ist umgeben von Bischöfen mit breiten, violetten Bauchbinden, Ministranten, die ihre bunten Landesfahnen tragen, und flatternden Tauben. Er schliesst die Augen und lässt alles auf sich wirken.

«Deshalb haben wir den weiten Weg hierher gemacht.»

Remo Abächerli ist dennoch gespannt wie ein Bogen. In wenigen Stunden wird er mit Tausenden anderen Ministranten Papst Franziskus sehen und hören. «Das ist der Höhepunkt des internationalen Ministrantentreffens. Deshalb haben wir den weiten Weg hierher gemacht», sagt er.  Wie alle anderen passiert er die Stände der Devotionalien­-Händler, die das Entrée in die Welt von Sankt Peter bilden.


Seine Hand streicht über goldene Kreuze und Rosenkränze, die in kleinen Dosen liegen. Auf unzähligen Kerzen, Karten und Postern lacht ihm das Konferfei von Papst Franziskus entgegen. Das Gebiet um den Vatikan ist ein eigener Kosmos. In den umliegenden Cafés sitzen römische Geschäftsleute über ihren Espressi und staunen über den Aufmarsch der Jugendlichen.

«Ich bin ein Pilger mit euch.»

Auch die Schweizer Gruppen müssen nun bei den seitlichen Säulengängen durch die Sicherheitskontrolle. Auf vielen Sonnenbrillen in Bonbonfarben spiegelt sich jetzt der Petersdom. Auch Remo Abächerli betritt den elipsenförmigen Platz, in dessen Mitte der Obelisk Vaticano thront.

Richtig los geht dieses Fest gegen 18 Uhr. Die Gruppen auf dem Platz sehen, wie die Schweizergardisten, die mit ihren halbkugelförmigen, spitzen Metallhelmen auf dem Kopf am «Portone di Bronzo» stehen, unruhig werden. Und dann ist Papst Franziskus da.

Jubeln, Schreien, Fahnenschwenken, während der Papst auf seinem Papamobil Runde um Runde dreht. Schon mit seinen ersten Worten hat er die Jugendlichen in der Hand: «Ich bin ein Pilger mit euch, die ihr aus vielen Ländern der Welt kommt», begrüsst Franziskus die rund 60’000 Ministranten.

Stille und bescheidene Helfer am Altar

«Noch immer ist dieser Papst ein Popstar», sagt Beat Grögli. Auch der Dompfarrer aus St. Gallen, der die Jugendlichen durch Rom geführt hat, steht jetzt auf und klatscht rhythmisch in die Hände.

Als es wieder ruhiger wird auf dem Petersplatz, dankt Papst Franziskus den Ministranten, die meist still und bescheiden als Helfer des Priesters am Altar agierten. Angesprochen fühlen sich auch Marcel Troxler aus Urswil (LU), Caroline Gilgen aus Wuppenau (TG) und Benedikt Arndgen aus Lachen (SZ), die an dieser Papstandacht mitministrieren durften. Von italienischen Ministranten haben sie gehört, dass sich hinter einer der dicken Mauern die päpstliche Sakristei befindet. In den Schränken dort hängen kostbare Soutanen, Mitren und Hirtenstäbe, die diverse Päpste trugen.

«Glaube ist für mich wie Luft zum Atmen.»

In nächsten Programmteil beantwortet Papst Franziskus Fragen der Ministranten. Die Internationalität dieses Treffens repräsentieren auch die Fragesteller. Sie kommen aus Deutschland, Luxemburg, Portugal, Serbien und dem ostkaribischen Inselstaat Antigua und Barbuda. Sie alle dürfen vor den Papst treten, der unter einem riesigen weissen Baldachin sitzt und eine beeindruckende Kondition zeigt. Auf die Frage, warum ihm der Glaube so wichtig ist, antwortet er, Glaube sei für ihn wie die Luft zum Atmen und helfe, den Sinn des Lebens zu verstehen.

Ein buntes Mosaik aus Minis

Um dem Papst eine Pause zu gönnen, wird zwischendurch gesungen und musiziert. So ertönt immer wieder das Mottolied der Wallfahrt: «Mit Herz­ und Verstand, Gott zur Ehre­ und Dir». Beschwingt wippt der Papst mit dem Fuss mit. Der Blick des 81-Jährigen richtet sich auf unzählige Fahnen, Tücher, Fächer und T-Shirts in allen Farben. Der Petersplatz wirkt wie ein einziges buntes Mosaik.

Papst Franziskus sieht auch, wie die römische Polizei die Masse jetzt mit einem grossen Schlauch bespritzt. Klatschnass singen und tanzen die Minis über den Platz. Ein Hauch der Stimmung am deutschen Musikfestival «Rock am Ring» kommt auf.

Mischung aus Pilgerfahrt und Ferien

«Ich schätze diese besondere Mischung aus Pilgerfahrt und Ferien, die viele Gemeinschaftserlebnissen mit sich bringen», sagt Nicola aus dem deutschen Bamberg über die Ministranten-Wallfahrt. Seit 1962 findet diese alle vier Jahre statt. «Das ist einfach ein Wahnsinns-Erlebnis mit einer ganz besonderen Atmosphäre.»

Beim Abendgebet wird es auf dem Platz besinnlicher. Ein Saxofonspieler schickt ruhige Töne über die Menschenmasse, eine Solistin des Wallfahrtschors «Peace Seakers» singt den Psalm 34 auf Deutsch. Immer wieder ist der Satz «Ich suchte den Herrn und er gab mir Antwort» zu hören.

«Ihr könnt die Welt verändern»

Mehrfach geht Papst Franziskus auf das Motto dieses Treffens «Suche Frieden und jage ihm nach» ein. Jorge Mario Bergoglio greift das Thema auf mit den Worten: «Wir sind vereint im Glauben an Jesus Christus, wir reisen mit dem, der unser Friede ist.» Doch wie gelingt Frieden? Papst Franziskus rät den Ministranten: «Die Suche nach Frieden beginnt mit den kleinen Dingen.»

«Denkt daran, je mehr ihr euch den anderen gebt, desto mehr werdet ihr selbst glücklich sein!» Es spiele keine Rolle, ob er ein Freund oder Fremder, ein Landsmann oder Ausländer ist. Glaubt mir, durch diesen Einsatz könnt ihr wirklich Heilige werden und die Welt verändern!» Für den Bischof von Rom können junge Menschen «Apostel sein, die andere zu Jesus führen.» Dafür brauche es jedoch eine starke Glaubenskraft, die einen trage.

Papst Franziskus als Friedensbringer

Für Bischof Ladislav Nemet, Präsident des weltweiten Messdienerverbandes (CIM), ist Papst Franziskus selbst ein Friedensbringer. «Wir wissen, wie viel Sie für den Frieden in dieser Welt tun. Wir bewundern Ihre mutigen und stets konkreten Schritte», sagt er bei der Audienz.

«Ich mache jeweils Weihrauch. Und du?»

Nach der Andacht mit dem Papst tauschen sich die Ministranten weiter untereinander aus. Sie sitzen auf dem Boden des Petersplatzes oder treffen sich in den Cafés gegenüber zum Glace-Essen. «Ich mache jeweils Weihrauch. Und du?»- «Ich bringe die Kännchen mit Wein und Wasser»- «Wie findest du Papst Franziskus?»

Und sie erzählen sich von ihren Ausflügen in die Katakomben, in den Circus Maxismus oder ins Forum Romanum. Danach werden Pilgertücher und Pins, die an den Pilger-Armbändern angebracht sind, getauscht. Die Minis feiern an diesem Tag mit Papst Franziskus ihr ganz eigenes Fest.

Die Papstaudienz im Video:

 

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