Tamilischer Katholik hilft Landsleuten – als Dank an rettenden Pfarrer

Zürich, 16.7.18 (kath.ch) Er war ohne Obdach, ohne Job und ohne Aufenthaltsbewilligung. In diesem Moment gewährte ihm ein Pfarrer Unterschlupf. Aus Dankbarkeit hilft Antony Dhanson Winslows nun vielen anderen und engagiert sich in der tamilisch-katholischen Mission – als Sekretär, Dolmetscher und Kulturvermittler. Dies ist ein Beitrag zur Sommerserie 2018 über die fremdsprachigen Missionen der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz.

Regula Pfeifer

«Diesen Pfarrer werde ich nie vergessen». Er sei eine «Hilfe von Gott» gewesen. Das sagt Antony Dhanson Winslows bei einem Treffen in der Pfarrei Herz Jesu in Zürich-Wiedikon. Er spricht von einem Pfarrer – und einer Sozialarbeiterin – in einer Zürcher Pfarrei, denen er ewig dankbar sein werde. Jener Geistliche sei der eigentliche Grund, weshalb er sich nun – freiwillig und unbezahlt – in der tamilischsprachigen Mission der katholischen Kirche Zürich einsetze.

Der dunkelhäutige Mann im Anzug sitzt auf dem grünen Sofa im Pfarreiheim und erzählt seine Lebensgeschichte, in der jener Pfarrer, dessen Namen er nicht preisgibt, eine gewichtige Rolle spielt.

Alles verloren und untergetaucht

Antony Dhanson Winslows war 1990 vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka geflohen und ein Jahr später an die Empfangsstelle in Chiasso gelangt. Als Asylbewerber kam er nach Zürich und arbeitete bald in der Gastronomie. Nach drei Jahren kam der entscheidende Brief: Sein Asylgesuch war abgelehnt. Winslows verlor seine Aufenthaltsbewilligung, seinen Job, seine Wohnung. Um nicht von den Schweizer Behörden zurück ins kriegsgeschüttelte Heimatland verfrachtet zu werden, tauchte er unter.

«Er war eine von Gott gesandte Hilfe.»

In dieser Notsituation half ihm der erwähnte Pfarrer. Er gewährte ihm Unterschlupf, solange, bis sich die Asylpolitik zugunsten der Tamilen in der Schweiz gewendet hatte. Dann meldete sich Winslows wieder bei den Behörden und erhielt eine Aufenthaltsbewilligung. Nur dank dem Pfarrer könne er heute in der Schweiz leben, sagt er. «Er war eine von Gott gesandte Hilfe.»

Als Sekretär im Komitee der Mission

Die erfahrene Hilfe will der Katholik seither anderen weitergeben. Deshalb engagiert er sich in der tamilischsprachigen Mission. Im rund 20-köpfigen kantonalzürcherischen Komitee ist er als Sekretär aktiv. Ins Gremium gewählt wurde er vor vier Jahren. Winslows vertritt auch den Kanton Zürich im Zentralkomitee der tamilisch-katholischen Gemeinschaften der Schweiz.

«Ich kenne beide Sprachen und Kulturen.»

In der Mission ist Winslows aber auch offen für Fragen und Hilfestellungen aller Art. Wendet sich etwa ein Asylbewerber direkt oder über den Missionar Douglas Milton Logu Soosaithasan an ihn, hilft Winslows freiwillig. Er gibt Auskunft oder begleitet seine Landsleute auch auf ein Amt oder zum Arzt. Führt die Mission einen Ausflug oder Sportanlass für Ministranten durch, organisiert Winslows mit. Haben die Gastgeberpfarrei Herz Jesu und der tamilische Missionar etwas zu besprechen, vermittelt er. «Ich kenne beide Sprachen und Kulturen», sagt er. Dank seiner Vermittlung könnten Probleme gelöst werden.

Auch beruflich ist Winslows in diesem Bereich tätig. Er arbeitet als interkultureller Dolmetscher und Übersetzer für die verschiedenen Ämter von Stadt und Kanton. Und er bringt Kindern in der tamilischen Schule im zürcherischen Pfäffikon tamilisch bei. Die Schule ist laut Winslows anerkannt als Vermittler von «Heimatlicher Sprache und Kultur».

Christsein bedeutet helfen

Das Engagement in der tamilisch-katholischen Mission gibt dem 50-jährigen Mann einen Sinn im Leben. «Ich will als Christ leben, in die Kirche gehen und vor allem anderen helfen», sagt er. Christsein bedeute für ihn nicht nur beten, sondern vor allem auch helfen. In der Mission helfe er, erhalte aber auch selbst Hilfe. «Ich brauche andere Menschen, ich kann nicht alleine leben», gibt Winslows zu.

Die Gemeinschaft schätzt er auch für seine eigenen Kinder. «Hier können sie untereinander tamilisch sprechen und sie lernen andere Kinder kennen.» Vielleicht fänden sie dabei einen Partner fürs Leben. Das würde sich der tamilische Vater wünschen. «Sie haben ja die gleiche Kultur, die gleiche Sprache und Mentalität», begründet er dies. Aber Druck in diese Richtung will er nicht erzeugen.

«Wir müssen unseren Kindern ein Vorbild sein.»

In die Mission hinein bringt er auch Anliegen der Stadt Zürich. Winslows ist seit sieben Jahren tamilischer Moderator beim Väter-Forum der Stadt Zürich. Bei diesem Präventions- und Bildungsangebot werden Väter mit Migrationshintergrund nach dem Prinzip «Väter für Väter» in Suchtprävention und Gesundheitsförderung geschult, wie es auf der Webseite der Stadt heisst. Ziel sei, dass die Forums-Väter die Informationen in ihrer Muttersprache an ihre Landsleute weitergäben.

So spricht Winslows mit tamilischen Vätern über Männergesundheit, den Umgang mit Alkohol und Geld, über respektvolle Erziehung der Kinder und über Zwangsheirat. «Wir müssen unseren Kindern ein Vorbild sein», betont Winslows.

Auch Ehefrau in Mission aktiv

Ein regelmässiger Besucher der tamilischsprachigen Mission wurde Winslows nach seiner Heirat mit Julius Collina. Seine heutige Frau kannte er bereits; er war in Sri Lanka ihr Lehrer gewesen, sie lebten im selben Dorf. Näher kennen lernten sie sich aber in Zürich, wo Julius Collina mit einem Chor aus Sri Lanka gastierte, der auf Europatour war. Später trafen sich die beiden in Singapur zur Hochzeit.

Heute haben sie einen 16-jährigen Sohn und eine 13-jährige Tochter und leben im Zürcher Oberland. Julius Collina ist Religionslehrerin in der tamilischen Mission Zürich und in deren Komitee auch für diesen Bereich zuständig – und wie ihr Mann als Tamilischlehrerin tätig.

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