Neuer Luzerner Ethiker Peter Kirchschläger setzt auf Menschenrechte

Luzern, 20.3.18 (kath.ch) Peter G. Kirchschläger ist zum Professor für Theologische Ethik an der Universität Luzern ernannt worden. Im April hält er seine Antrittsvorlesung. Er sagt, warum er bei dieser Gelegenheit über Menschenrechte sprechen wird.

Georges Scherrer

«Der ethische Referenzrahmen der Menschenrechte erscheint mir als sehr hilfreich, um verschiedene globale Herausforderungen, die sich uns Menschen stellen, zu meistern», sagt der Theologe, der bis vor kurzem an der Yale University in den USA tätig war. Die Kartons mit Ordnern und Büchern sind zum Teil noch nicht ausgepackt. Der neue Professor ist daran, sein Büro an der Universität Luzern einzurichten.

Und daneben muss er seine Antrittsvorlesung vorbereiten. Diese hält er am 18. April. Das Thema heisst: «Die Menschenrechte als hermeneutischer Schlüssel zu ethischen Grundfragen des 21. Jahrhunderts.»

Die Menschenrechte sind eines der professoralen Steckenpferde Kirchschlägers. Ihn interessiert, wie Menschenrechte begründet werden, sagt der Ethiker im Gespräch. Die Menschenrechte sollen universell gelten. Jeder Mensch ist integrer Träger der Menschenrechte.

Menschenrechte machen vor der Kirchentür nicht Halt

Ganz praktisch stellt sich die Frage: Wer sorgt dafür, dass die Menschenrechte durchgesetzt werden? Diese Frage stelle sich sowohl bezüglich des Staates oder Firmen wie auch im Zusammenhang mit Religions- oder weltanschaulichen Gemeinschaften.

Das Steuerparadies Zug liegt nicht weit weg.

Glaubensgemeinschaften sollten etwa bedenken, dass die Menschen die Menschenrechte beim Eintritt in eine Kirche, Moschee oder Synagoge nicht ablegen. Menschen haben auch innerhalb von Gemeinschaften ihre Rechte. So etwa lautet eine Forderung, die der Ethikprofessor aufgrund seiner Forschungen untersuchen will und in der Antrittsvorlesung darlegen wird.

Auch Firmen müssen Menschenrechte einhalten

Nicht weit von Luzern entfernt liegt der Ort Zug. Er gilt als Steuerparadies. Mehrere international tätige Rohstofffirmen haben dort ihren Sitz. Ihre wirtschaftliche Praxis in Ländern ausserhalb Europas ist immer wieder Gegenstand massiver Kritik. Auch das ist ein Thema für Kirchschläger.

Ethiker dürfen durchaus auch als Störenfried auftreten.

«Was ich in meiner ethischen Forschung herausarbeite, will ich als forschungsbasierte Expertise dort einbringen, wo es möglich ist», erklärt er.  Er ist bereits Experte in internationalen Organisationen bei der Uno oder der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Die Konzernverantwortungsinitiative «Kovi» ist ihm kein Fremdwort. «Ich engagiere mich in der Gruppe ‘Kirche für Kovi’, weil ich der Ansicht bin, dass alle Menschen Träger von Menschenwürde sind und multinationale Konzerne diese zu achten haben.» Über die Initiative könnte die Durchsetzung bestehender Rechtsstandards deutlich verbessert werden.

Die Aufgabe eines Ethikers sei es nicht, kritiklos mit allen gut Kind zu sein. Neben dem Versuch, der Wirtschaft ethische Orientierung zu geben, müsse der Ethiker dabei durchaus auch als Störenfried auftreten und Probleme ansprechen, die bestehen. Und Kirchschläger ergänzt: «Ich bin schon seit Jahren mit Unternehmern zu wirtschaftsethischen Fragen im Gespräch.»

Akademische Wanderjahre

Der Name Kirchschläger ist in Luzern nicht unbekannt. Walter Kirchschläger war Gründungsrektor der Universität Luzern. Seine Abschiedsvorlesung zum Thema hielt der Professor für Exegese des Neuen Testaments im Jahr 2012.

In die Fussstapfen des Vaters tritt der Sohn nicht. Er ist zwar auch Theologe. Denn er habe bei seinem Vater erfahren, wie «erfüllend die Aufgabe ist, als Theologe arbeiten zu dürfen». Als die Stelle als Professor für Theologische Ethik und Leiter des Instituts für Sozialethik ISE in Luzern ausgeschrieben wurde, bewarb sich Peter G. Kirchschläger und gewann das Auswahlverfahren.

Eine sehr dynamische, junge Universität.

Kirchschläger bringt eine ganze Reihe von Kompetenzen mit, die er während der akademischen Wanderjahre an Universitäten in Europa, Afrika, Australien und den USA erworben hat. Nun kehrt er in die Stadt zurück, in der er aufgewachsen ist, «vor allem wegen der Universität».

Die «noch junge Universität Luzern» bezeichnet der angehende Professor als sehr dynamisch. Die bestehende Kombination der vier Fakultäten komme seinen Forschungsschwerpunkten entgegen. Er sei der Berufung an die Theologische Fakultät auch gefolgt, weil diese «liberal und weltoffen» sei.

Interdisziplinär weiterkommen

«Gerade im Bereich der Menschenrechtsethik ist die Zusammenarbeit mit der rechtswissenschaftlichen Fakultät und der Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät sehr gewinnbringend.» Zudem liefert ihm die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät in seinem Forschungsbereich der Wirtschafts-, Finanz- und Unternehmensethik Sukkurs. Aus dem «intradisziplinären Gespräch» an der Theologischen Fakultät erhofft er sich bedeutende Impulse für seine Arbeit.

Der akademische Nachwuchs muss gefördert werden.

Von 2015 bis zu seiner Ernennung als Ordinarius war er bereits Forschungsmitarbeiter an der Theologischen Fakultät Luzern. Ein Anliegen ist es ihm, den akademischen Nachwuchs zu fördern. Er hat bereits die «Lucerne Graduate School in Ethics» gegründet, die es Doktoranden und Doktorandinnen ermöglicht, in einem strukturierten Austausch mit Doktoranden anderer Universitäten die eigene Forschung zu bereichern.

Auch die «Lucerne Summer University: Ethics in a Global Context», die unter dem Patronat der Unesco steht, wurde bereits von Kirchschläger ins Leben gerufen. Diese richtet sich an Studierende, die im Rahmen ihres Studiums nicht direkt mit ethischen Fragen konfrontiert sind, sich jedoch vertieft mit dem Thema auseinandersetzen möchten.

Die Schweizer Bischöfe haben Kirchschläger an ihrer ordentlichen März-Sitzung zum Mitglied der Kommission Justitia et Pax ernannt.

Die Antrittsvorlesung von Peter G. Kirchschläger beginnt am 18. April um 18.30 Uhr im Hörsaal 1 der Universität Luzern.

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