St. Galler Mönche feierten mit Geist und Prunk

St. Gallen, 11.1.18 (kath.ch) Die Kathedrale St. Gallen und die St. Galler Stiftsbibliothek sind ein Kulturschatz erster Güte. Zur aktuellen Ausstellung «Barockes Universum – Religion und Geist in der Fürstabtei St. Gallen» weisen Fachleute auf kath.ch in einer Serie von Gastbeiträgen exklusiv auf Besonderheiten in diesem «Universum» hin. Franziska Schnoor, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bibliothek, beschreibt die Festkultur der St. Galler Benediktinermönche zur Zeit des Barocks.

Der Barock war in den katholischen Teilen Europas eine sehr festfreudige Epoche. Da machte auch das Kloster St. Gallen keine Ausnahme. Im Rahmen von Messe und Stundengebet wurden im Verlauf des Kirchenjahres zahlreiche Heiligenfeste gefeiert. Die liturgischen Handschriften, die hierfür zum Einsatz kamen, sind die kostbarsten Produkte der barocken St. Galler Buchkunst. Die begabtesten Kalligraphen und Künstler der Benediktinerabtei schrieben sie und verzierten sie mit zarten Miniaturen oder farbenfrohen Ornamenten.

Mönch wurde mit Blumennamen gepriesen

Geistliche Jubiläen des Abtes oder eines Klosteroberen, zum Beispiel sein Namenstag oder sein goldenes Priesterjubiläum, boten Anlass zu klosterinternen Festen. Manchmal überreichte der Konvent dem Jubilar eine oder sogar mehrere handgeschriebene Festschriften. Das konnten wissenschaftliche Abhandlungen sein, mit denen die jungen Mönche gleichzeitig ihre Bildung bewiesen, aber auch Lobgedichte auf den Gefeierten.

Der Dekan Ägidius Hartmann erhielt zu seinem goldenen Priesterjubiläum im Jahr 1766 gleich fünf Festgaben. Eine davon preist ihn in dreimal drei Gedichten als Sakramenten-Spender, Seelsorger und Priesterjubilar. Neun Blumen (Lilie, Jasmin, Fuchsschwanz, Veilchen, Levkoje, Rose, Nelke, Sonnenblume, Passionsblume) symbolisieren seine guten Eigenschaften.

Messgewand als Festschrift

Eine ganz besondere Festschrift schenkten die St. Galler Mönche ihrem Abt Gallus Alt zum Namenstag am 16. Oktober 1685: ein Messgewand aus Pergament. Es ist über und über mit lateinischen und griechischen Gedichten, Wappen, Ornamenten, Chronogrammen und emblematischen Darstellungen bedeckt. Auf der Rückseite schaut ein lebensechtes Abbild des damals 75-jährigen Abtes gütig auf den Betrachter. In den Falten seines weissen Chorhemds stehen die Namen aller damaligen Konventsmitglieder.

Neue Heilige aus Rom wollten gefeiert sein

Die prunkvollsten kirchlichen Feste im 17. und 18. Jahrhundert waren die Translationsfeiern für die in Rom neu erworbenen Katakomben-Heiligen. Im Jahr 1578 hatten Arbeiter in einem Weinberg in Rom zufällig den Eingang zu einer Katakombe mit christlichen Gräbern entdeckt. Auf einmal gab es eine Vielzahl von neuen Heiligen, die man im Interesse der Vermarktung unterschiedslos als Märtyrer präsentierte. So gross wie das Angebot war auch die Nachfrage. Allein in die Schweiz kamen zwischen 1600 und 1800 mehr als 200 «heilige Leiber».

Nur schon die Theaterkleider kosteten etwa das Zwanzigfache des Monatslohns eines Handwerkers.

In Frauenklöstern wurden die Reliquien gefasst und prächtig eingekleidet. In feierlichen Prozessionen, die viele Stunden dauerten, wurden sie an ihren neuen Bestimmungsort geleitet. Böllerschüsse, Musik und Theater schufen den feierlichen Rahmen.

Das Kloster scheute keine Kosten

An der Prozession zu Ehren der Heiligen Sergius, Bacchus, Hyacinthus und Erasmus in St. Gallen am 15. September 1680 sollen mehrere Tausend Personen teilgenommen haben, Zuschauer nicht eingerechnet. Das Kloster scheute dabei keine Kosten: Nur schon die Theaterkleider kosteten etwa das Zwanzigfache des Monatslohns eines Handwerkers.


Identität der Kirchenväter an Decke der St. Galler Stiftsbibliothek gelüftet

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