Kirchen kritisieren Revision des Sozialhilfegesetzes in Bern

Bern, 7.12.17 (kath.ch) Der bernische Grosse Rat hat dem revidierten Sozialhilfegesetz in einer ersten Lesung zugestimmt. Dieser Entscheid wird von kirchlicher Seite kritisiert. Es sei eine politische Vorlage auf Kosten bedürftiger Menschen.  

Der Kanton Bern will künftig den Grundbedarf bedürftiger Menschen bis zu acht Prozent kürzen. So sieht es das revidierte Sozialhilfegesetz vor, das der bernische Grosse Rat in einer ersten Lesung gutgeheissen hat. In einer Medienmitteilung vom 6. Dezember kritisiert die Interkonfessionelle Konferenz der Landeskirchen und der jüdischen Gemeinden des Kantons Bern (IKK) diesen Entscheid. Die Sparpolitik mittels Sozialhilfegesetz verschlechtere das Leben der Sozialhilfeempfänger und treffe Familien besonders hart, argumentiert die IKK.  Das revidierte Gesetz sehe zwar Zulagen für aktive Arbeits- und Integrationsbemühungen vor, doch das Anreizsystem reiche nicht aus, um mehr Sozialhilfebeziehende in den Arbeitsmarkt zu bringen, so die IKK.

Intensive Betreuung verkürzt Dauer von Sozialhilfe.

Es gäbe zu wenig Stellen und bedürfe begleitender Massnahmen und Flexibilität durch die Arbeitgeber. «Man müsste den Arbeitsmarkt genauer anschauen», erklärt Stephan Schranz, der die reformierte Kirche in der IKK vertritt, gegenüber ref.ch. Man könne zum Beispiel Arbeitgebern eine Steuererleichterung gewähren, wenn sie schwer integrierbare Menschen beschäftigen. «Hilfreich wäre ausserdem, wenn Sozialarbeiter mehr Zeit für die Betreuung hätten. Studien zeigen, dass intensive Betreuung die Bezugsdauer von Sozialhilfe verkürzt.»

Keine Rücksicht auf individuelle Situation

Die Situation der Sozialhilfebeziehenden sei bereits angespannt, schreibt die IKK. Sie befürchtet, dass die Revision deren Lage verschlechtere und eine langfristige soziale und berufliche Integration erschwere. Weiter kritisiert die IKK, dass das Gesetz bei den Kürzungen unterschiedliche Voraussetzungen ausblende. Kürzungsmassnahmen bis zu 30 Prozent seien unter anderem bei Personen vorgesehen, die sechs Monate nach Eintritt in die Sozialhilfe in Deutsch oder Französisch nicht das Sprachniveau A1 erreicht haben. Deren Bildungsbiografien, spezifische familiäre Situationen oder die Länge des Aufenthalts in der Schweiz blieben dabei unberücksichtigt. In ihrer Mitteilung bittet die IKK den Grossen Rat, bei der zweiten Lesung die Revision zu entschärfen und die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) einzuhalten. Die IKK fürchtet, dass sonst andere Kantone dem Berner Beispiel folgen und ebenfalls Kürzungen beim Grundbedarf vornehmen. (ref.ch)

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