In Sarnen entsteht ein Benediktinisches Zentrum für betagte Schwestern

Sarnen OW, 8.11.17 (kath.ch) Drei benediktinische Schwesterngemeinschaften wohnen ab Weihnachten 2018 gemeinsam in den Räumlichkeiten des Klosters St. Andreas in Sarnen. Der Zusammenzug ist aus Altersgründen nötig, das Projekt ist bislang in der Schweiz einmalig. Das Zentrum will sich zudem teilweise für die Bevölkerung öffnen, wie an der Medienkonferenz vom 8. November in Sarnen zu erfahren war.

Sylvia Stam

«Dieser Kraftort mit dem Sarner Jesuskind muss bestehen bleiben», ist Hans Wallimann, Alt-Regierungsrat des Kantons Obwalden, überzeugt. Zum Sarner Jesuskind, einer gotischen Holzfigur aus dem 14. Jahrhundert, pilgern bis heute täglich Gläubige und bitten um Hilfe in ihren Anliegen. «Das ist nur dann weiterhin möglich, wenn das Kloster weitergeführt wird». Wie aber kann man ein Kloster weiterführen, zu dem noch sieben Schwestern gehören, eine davon bereits im Pflegeheim?

Vor dieser Frage stehen nicht nur die Benediktinerinnen des Klosters St. Andreas in Sarnen, sondern auch jene des Klosters St. Niklaus von Flüe in Melchtal OW sowie die Benediktinerinnen des Klosters Marienburg in Wikon LU. In Melchtal leben derzeit noch 13, in Wikon noch neun Schwestern. Als diese beiden Gemeinschaften bei den St. Anna-Schwestern in Luzern anklopften, die Wohnraum für ältere Ordensgemeinschaften anbieten, erkannte deren Generaloberin Heidi Kälin die Not der Zeit und nahm mit den Benediktinerinnen von Sarnen Kontakt auf.

Zentrale Lage

So entstand die Idee eines «Benediktinischen Zentrums» für die drei überalterten Klostergemeinschaften, in welchem Infrastruktur und externe Dienste wie Spitex gemeinsam genutzt werden können. Das Kloster in Sarnen bot sich dazu aus verschiedenen Gründen geradezu an: Die zentrale Lage nahe beim Bahnhof und beim Spital sowie die vorhandenen Gebäude ermöglichen es, ohne allzu grosse bauliche Eingriffe drei eigenständige Gemeinschaften beherbergen zu können.

Geplant sind unter anderem rollstuhlgängige Zimmer und Gemeinschaftsräume für das klösterliche Leben der einzelnen Gemeinschaften, war an der Medienkonferenz vom 8. November in Sarnen zu erfahren. Während die bisherigen Bewohnerinnen im ältesten, barocken Teil des Klostergebäudes wohnen werden, soll das heutige Josefshaus, ein Neubau aus den 50-er Jahren, den Nonnen aus Melchtal zur Verfügung stehen. In dessen Dachraum soll eine eigene Pflegeabteilung eingerichtet werden, erläuterte der Architekt Fabian Kaufmann, dessen Büro den Wettbewerb für das «Benediktinische Zentrum» gewonnen hat und mit der Planung des Umbaus beauftragt ist.

Eigene Nasszellen

Der Dachstock des Hauses Nazareth, das in den 20-er Jahren gebaut wurde, wird für die Schwestern aus Wikon umgebaut. Im ersten Stock des Gebäudes werden auch weiterhin die Kulturgüter des Klosters Sarnen untergebracht sein. Dazu gehören «eine der wichtigsten Notensammlungen der Schweiz» und «eine einmalige Textiliensammlung», heisst es in einer Medienmitteilung.

Die Schwestern werden ausserdem komfortablere Zellen erhalten, als dies bislang der Fall war. Anstelle der bisherigen Duschen und Toiletten auf dem Korridor sind Nasszellen in den Zimmern vorgesehen.

Kulturschock

Nebst den baulichen Veränderungen steht für die Schwestern aber auch die Frage des Zusammenlebens der drei Gemeinschaften im Zentrum.  Von einem «Kulturschock» für die Sarner Schwestern sprach Hanspeter Kiser, Präsident der «Stiftung Ora et Labora», die als Trägerin mit der Realisierung des «Benediktinischen Zentrums» beauftragt ist. Noch grösser sei der Schritt für die beiden anderen Gemeinschaften, welche ihre Heimat aufgeben müssten. Bei allen dreien handelt es sich um geschlossene, kontemplative Klostergemeinschaften. Entsprechend sei in ihrer Gemeinschaft beides zu spüren, Freude und Angst, entgegnete Äbtissin Pia Habermacher vom Kloster Sarnen an der Medienkonferenz auf die Frage einer Journalistin. «Es ist eine grosse Herausforderung, aber wir glauben, dass es gehen wird.»

Grosse Gruppe zum Singen

Jede der drei Gemeinschaften soll ihr eigenes Gemeinschaftsleben weiterführen können, erläutert Kiser. Daher sollen alle drei je einen eigenen Andachts- und einen Gemeinschaftsraum erhalten. Daneben wird es aber auch gemeinsame Aktivitäten geben. Eine Gruppe mit Vertreterinnen aller drei Gemeinschaften trifft sich bereits seit einiger Zeit zum Austausch über solche Fragen. Diskutiert werde etwa die Frage nach der Gestaltung von Feiertagen, so Äbtissin Pia Habermann. Und mit 25 bis 30 Schwestern ergebe sich auch wieder «eine rechte Gruppe zum Singen», so Kiser.

 

Parallel zum Zusammenzug der Schwesterngemeinschaften soll im «Benediktinischen Zentrum» ausserdem ein «Ort der Begegnung» entstehen, wie Hans Wallimann ausführte. Er amtiert als Präsident des Patronatskomitees des Zentrums. Geplant sind ein Informations- und Ausstellungsraum, ein Klostercafé mit zugehöriger Klosterbäckerei sowie ein leichterer Zugang zu den Kulturgütern.

Benediktinisches Wissen erhalten

Auch das Wissen über traditionelle klösterliche Fähigkeiten wie Sticken oder Weben sowie über die benediktinische Spiritualität soll dokumentiert und erhalten werden. Angedacht sind hierfür Kooperationen mit theologischen Seminaren und Fachhochschulen. Am «Ort der Begegnung» sollen ausserdem Arbeitsplätze für Menschen mit einer Beeinträchtigung geschaffen werden. Trotz dieser Öffnung hält Wallimann fest: «Nicht das Kloster soll geöffnet werden, sondern nur ein Teil des Klosters soll zugänglicher werden.»

Die «Stiftung Ora et Labora» organisiert den Umbau und wird danach auch den Betrieb weiterführen. Die Ordensschwestern werden etwa von hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, die sie altershalber nicht mehr ausführen können, entlastet mit dem Ziel, sich ganz auf das klösterliche Leben und das Gebet konzentrieren zu können.

13 Millionen Franken

Die Kosten des Umbaus belaufen sich auf 13 Millionen Franken. Ein Darlehen von fünf Millionen Franken als Anstossfinanzierung haben die St. Anna-Schwestern beigesteuert, zudem werde ein Fundraising gestartet, erläuterte Kiser. Die einzelnen Klostergemeinschaften werden nach ihren Möglichkeiten ebenfalls einen Beitrag beisteuern. Ob sich dieser aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaften in Wikon und Melchtal ergibt, sei derzeit noch offen, so Kiser auf die Frage eines Journalisten. Die Verantwortung für diese Liegenschaften liege bei Christian Meyer, Abt des Benediktinerklosters Engelberg und derzeit Abtpräses der Schweizerischen Benediktinerkongregation.

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