Ist es der Ökumene dienlich, die Trennung der Kirche so zu feiern?

Dübendorf, 5.11.17 (kath.ch) Das Zwingli-Denkmal vor der Wasserkirche würde sie am liebsten entfernen, den Reformationssonntag aber behalten. Das schreibt die evangelisch-reformierte Pfarrerin Catherine McMillan in ihrem Beitrag für kath.ch zum aktuellen Reformationssonntag. Die Pfarrerin in Dübendorf ist Botschafterin für das Zürcher Reformationsjubiläum.

Nicht eine Trennung feiern wir, sondern ein gemeinsames Fundament. Das ist Grund zur Freude. Wir haben es in unseren 24 föderalistisch organisierten Kantonalkirchen geschafft, eine gemeinsame Liturgie für den Reformationssonntag zu erarbeiten und wollen sie in allen Sprachteilen der Schweiz gleichzeitig feiern. Wir Reformierten haben kein Oberhaupt, das uns zusammenhält, aber wir haben nach Ansichten der Reformatoren eine gemeinsame Grundlage, Jesus Christus. Wenn wir uns wieder mehr mit den Wurzeln unseres Glaubens beschäftigen, wird der ökumenische Dialog profitieren, davon bin ich überzeugt.

Gegründet wurde der Reformationssonntag in vor-ökumenischen Zeiten. Das 19. Jahrhundert war eine Ära des Nationalismus in Europa. Zwingli wurde zum Nationalheld, ähnlich wie Luther in Deutschland. Nach der Zürcher Reformationsfeier am 1. Januar 1819, genau 300 Jahre nach Zwinglis Amtseintritt am Grossmünster, begannen die Bemühungen um eine jährliche Gedenkfeier. Zunächst war er am Sonntag nach Pfingsten, dann ab 1841 am ersten Sonntag im November. Wahrscheinlich suchte man die Nähe zu den Protestanten in Deutschland, die am 31. Oktober feierten, am Tag der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers im Jahr 1517 in Wittenberg. Klar, für die Schweizer Protestanten durfte kein Werktag zum Feiertag erklärt werden!

Ein Zwingli mit grimmigem Gesichtsausdruck

In diesem Geist der bewussten Abgrenzung zur katholischen Kirche muss das Zwingli-Denkmal vom Jahr 1885 vor der Wasserkirche in Zürich gesehen werden. Mit grimmigem Gesichtsausdruck und Schwert schaut er zu den Bergen der traditionell katholischen Orte und zeigt den im Zuge der Industrialisierung zugezogenen Katholiken wem die Stadt gehört. Wäre es nicht an der Zeit, dieses Denkmal ins Landesmuseum zu befördern?

Den Reformationssonntag möchte ich hingegen behalten. Wenn wir uns jährlich an den Mut der Reformatoren erinnern, die bereit waren, zu den Mächtigen Klartext zu reden und Korruption und geistlichen Missbrauch beim Namen zu nennen, werden wir motiviert, auch heute Verantwortung zu übernehmen für unsere Kirchen, die Gesellschaft und die Politik. Wir werden ermutigt, solidarisch zu handeln, Korruption und Lüge zu bekämpfen, die Würde der Menschen und der Erde zu wahren. Das sind Anliegen, die auch die katholische Kirche teilt.

Immer reformbedürftig

Die reformierte Kirche hat sich das Motto gegeben «semper reformanda», immer reformbedürftig. Sie möchte durch Gottes Wort und Geist ständig neu in Form gebracht werden. Synoden mit demokratisch gewählten Laien, Theologinnen und Theologen ringen um die Erkenntnis des Willens Gottes gemäss der Schrift, beleuchtet durch Gottes Geist. So wurde die Frauenordination in der Mehrheit der reformierten Kirchen möglich. Um uns immer wieder bewusst zu machen, wie wichtig solche Prozesse sind, möchte ich den Reformationssonntag feiern.

Gleichzeitig hoffe ich, dass die Einheit der Christen im Sinne von Jesus wächst. Wir sind wie die Glieder eines Körpers. Wir können uns ergänzen, und uns koordiniert bewegen, um Gottes Liebe für die Welt zu bezeugen.

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