Ordensleute informieren sich über Integration von Flüchtlingen

Rapperswil SG, 20.10.17 (kath.ch) Begegnungen seien der beste Weg, um Ängste vor Fremden abzubauen, hat Bernadette Inauen von der katholischen Kirche der Stadt Luzern gesagt. Sie war Referentin an der Tagung «Integration von Flüchtlingen» der Schweizer Kapuziner vom 19. Oktober im Kloster Rapperswil. Diese richtete sich an Ordensleute der franziskanischen Gemeinschaften. Fachleute referierten über Erfahrungen mit Flüchtlingen.

Walter Ludin*

«Viele haben Angst, einem Menschen zu begegnen, der ein anderes Aussehen und vielleicht auch eine andere Ausdünstung hat.» Dies sagte Bernadette Inauen, Integrationsverantwortliche bei der katholischen Kirche der Stadt Luzern an der Tagung. Menschliche Begegnungen seien aber der beste Weg, um Ängste vor Fremden abzubauen, betonte sie. Einheimische und Asylsuchende könnten einander so auf Augenhöhe als Mitmenschen erleben.

Für Augenblicke glücklich sein

Die Referentin betonte, wie wichtig es für Asylsuchende sei, von Zeit zu Zeit aus ihren – teils gar unterirdischen – Unterkünften herauszukommen. Sie erzählte von Spaziergängen und Ausflügen, die ihre Integrationsgruppe mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern aus Asylzentren unternimmt. Oft könnten dabei traumatisierte Menschen wieder lachen und für einige Augenblicke glücklich sein.

Ideal wäre neben solchen Gruppenanlässen auch eine «1:1-Betreuung», ergänzte sie. Gemeint sind «Tandems» von Schweizern und Fremden. Asylsuchende schätzten es besonders, in Familien eingeladen zu werden. Vor allem Afrikaner würden das Familienleben schmerzlich vermissen.

Welt «nicht so schlecht»

Die Sozialarbeiterin der Zürcher Pfarrei St. Felix und Regula, Daniela Huber, orientierte über die aktuellen Asylverfahren. Sie erinnerte daran, dass 90 Prozent aller Flüchtlinge in ihrer Herkunftsregion bleiben. Mit einem eindrücklichen Bild aus dem Nahen Osten illustrierte sie die prekäre Situation in manchen Ländern. Dieses zeigt ein Flüchtlingslager mit Hütten, soweit das Auge reicht.

Huber skizzierte den bedeutenden Umfang der Freiwilligenarbeit im Asylbereich. So würden etwa im Rahmen eines Solidaritätsnetzes 1700 Personen von 670 Mitarbeitenden betreut. Würde ihre Arbeit mit einem Stundenlohn von 35 Franken abgegolten, wären dafür fast drei Millionen nötig, rechnete sie. Eine Tagungsteilnehmerin kommentierte erfreut: «Die Welt ist doch nicht so schlecht!»

Fremde wählen Fremdenfeinde

Der Münchner Kapuziner Othmar Noggler stellte seinen Vortrag unter das Motto «Gewagte Solidarität». Er erinnerte an Papst Franziskus, der nicht müde werde, für eine «Kultur der Aufnahme und der Solidarität» zu werben.

Der Gast aus Deutschland sprach anerkennend von der Willkommenskultur von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ihre christliche Haltung würde aber mit grossem Hass erwidert. Ausgerechnet von Kreisen, die das «christliche Abendland» auf ihre Fahne schrieben, käme die grösste Ablehnung, kritisierte er.

Noggler erwähnte ein weiteres Paradox. Die meisten «Russland-Deutschen», die nach der Wende in die Bundesrepublik kamen, hätten die fremdenfeindliche Partei AfD gewählt.

Ängstlich wie ein Pharao?

Der Zürcher Jesuit Christoph Albrecht, Mitarbeiter des jesuitischen Flüchtlingsdienstes, skizzierte eine biblische Spiritualität als Grundlage des Umgangs mit Asylsuchenden. Er fragte, ob wir Schweizer uns mit der Haltung eines ägyptischen Pharaos identifizierten, der befürchtete, dass die fremden Israeliten in seinem Land «sich zu stark vermehren und zu stark werden».

Für den Jesuiten wurzelt die heutige Flüchtlingsdebatte in einem Kampf zweier Weltbilder. Auf der einen Seite ist die Vorstellung von «Göttern und Menschen, die um Land, Macht und Ehre kämpfen». Ihnen gegenüber stehen ein Gott und seine Gläubigen, die sich auf dem Weg des Friedens befinden.

Eine franziskanische Aufgabe

Die Idee zur Tagung «Integration von Flüchtlingen» entstand während der jährlichen Treffen von Missionsverantwortlichen der Kapuziner Nord-Westeuropas (Cenoc). Der Generalobere der Kapuziner, Mauro Jöhri, hatte bereits mehrfach betont, die Integration von Flüchtlingen sei eine wichtige franziskanische Aufgabe. Am Anlass in Rapperswil nahmen rund 20 Personen teil.

*Der Autor ist Kapuziner und Journalist – und Blogger auf kath.ch.

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