Anhörung im Missbrauchsverfahren gegen Kardinal Pell zugelassen

Melbourne, 6.10.17 (kath.ch) Im Missbrauchsverfahren gegen den australischen Kardinal George Pell muss sich der prominente Papstberater im März 2018 einer umfassenden inhaltlichen Anhörung stellen. Das Amtsgericht in Melbourne befand am Freitag in seiner nur 20 Minuten dauernden zweiten Sitzung, das von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Beweismaterial rechtfertige die Eröffnung einer Anhörung.

Am Ende der vierwöchigen Anhörung werde das Gericht aufgrund der Aussagen von rund 50 Zeugen und einem «voluminösen» Beweismaterial über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen Pell entscheiden, hiess es von Seiten des Amtsgerichts.

Verteidigung will einiges klarstellen

Pells Anwalt Robert Richter kündigte an, die Verteidigung werde beweisen, dass einige der Dinge, die seinem Mandanten vorgeworfen werden, niemals stattgefunden hätten. Einzelheiten der Anklage wurden auch in der Sitzung am Freitag nicht bekannt. Papst Franziskus hatte den Kirchenmann für die Prozessdauer von seinen Aufgaben als Finanzminister des Vatikan freigestellt. In der Hierarchie des Heiligen Stuhls galt Pell bisher als Nummer Drei nach dem Papst und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin.

Wie schon beim Beginn des historischen Verfahrens Ende Juli war Pell auch bei diesem Gerichtstermin persönlich anwesend. Das Interesse der Öffentlichkeit war jedoch nicht so gross wie zum Prozessauftakt, zu dem Hunderte Journalisten aus aller Welt nach Melbourne gekommen waren.

Wegen Verdachts auf sexuellen Missbrauch angeklagt

Die Polizei hatte Pell im Juni wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch männlicher Jugendlicher angeklagt. Der Kardinal war bereits im Oktober 2016 in Rom von australischen Polizisten zu den Missbrauchsvorwürfen verhört worden. Pell bestreitet die Vorwürfe entschieden. Der ehemalige Erzbischof von Melbourne und Sydney gilt als der ranghöchste katholische Geistliche, der sich bisher einem Missbrauchsverfahren stellen musste.

Das Bistum Ballarat in der Nähe der von Melbourne gilt als das Epizentrum des australischen Missbrauchsskandals. In diesem spielt Pell schon lange eine zentrale Rolle – sowohl als Kämpfer gegen Missbrauch als auch als jemand, der an der Vertuschung von Missbrauchsfällen beteiligt gewesen sein soll. Hinzu kommen die Vorwürfe, selbst zu den Tätern zu gehören. 2002 war Pell vor einer kircheninternen Untersuchungskommission der Erzdiözese Melbourne aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf freigesprochen worden, als junger Priester einen Mann in einem Zeltlager sexuell missbraucht zu haben. (kna)

 

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