Freidenker wollen säkularen Beitrag zum Reformationsjubiläum bieten

Zürich, 26.9.17 (kath.ch) Seit bald einem Jahr finden zum Gedenken an «500 Jahre Reformation» zahlreiche Anlässe statt. Nun leisten auch die Schweizer Freidenker einen Beitrag dazu. Im November organisieren sie ihr drittes «Denkfest». Dieses hat das Thema «Reformationen des Denkens». Dort sprechen auch Vertreter der jüdischen, christlichen und islamischen Religionsgemeinschaften. Der Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» unterstützt den Anlass.

Barbara Ludwig

Eine Reihe von Rednerinnen und Redner, viele davon aus dem Ausland, sprechen am dritten internationalen Wissensfestival «Denkfest» vom 2. bis 5. November über «vergangene, gegenwärtige und bevorstehende Reformationen des Denkens», heisst es in einer Einladung an die Medien.

Gemäss Programm geht es lediglich bei drei Veranstaltungen um die Reformation als Ereignis der europäischen Geschichte. So hält der in Zürich lehrende Historiker Bernd Roeck einen Vortrag mit dem Titel «War die Reformation ein zwingender Vorläufer der Aufklärung?» Die amerikanische Geschichtswissenschaftlerin Susan Karant-Nunn befasst sich mit dem Einfluss der Reformation auf die Frauen. Eine dritte Veranstaltung nimmt die Schriften von Martin Luther über die Juden unter die Lupe.

Ergänzung zum Reformationsgedenken

Mit den Veranstaltungen zum Thema «Reformation» wolle man die «sonstigen» Anlässe zum Reformationsgedenken ergänzen, erklärte Andreas Kyriacou, Initiant des Denkfestes und Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz, am Dienstag gegenüber kath.ch. Der Fokus des Wissensfestivals ist aber breiter angelegt, was sich auch im übrigen Programm zeigt. Es gehe allgemein um Reformationen des Denkens, so Kyriacou. «Weil die Gesellschaft zunehmend säkularer wird, wollen wir verschiedene Reformationen des Denkens aus einer säkularen Perspektive anschauen.»

Am letzten Tag des «Denkfestes» hält der deutsche Philosoph und Schriftsteller Michael Schmidt-Salomon einen Vortrag, in dem er gemäss Ankündigung für einen «weltanschauungsübergreifenden Humanismus» plädieren wird. Im Anschluss an den Input des Philosophen soll ein Podium der Frage nachgehen, ob der Humanismus eine Reform brauche.

Platz im Programm des Reformationsjubiläums

Hier sei eine Beteiligung von Religionsgemeinschaften vorgesehen, sagte Kyriacou. Man wolle je einen Vertreter aus dem reformierten Christentum, dem Judentum und dem Islam einladen, entsprechende Anfragen seien am Laufen. Die römisch-katholische Kirche wird nicht angefragt. Man habe sich für die reformierte Kirche entschieden, weil sie einen «unmittelbareren Bezug» zur Reformation habe, erklärte Kyriacou.

Das diesjährige «Denkfest» ist in das Programm des Zürcher Reformationsjubiläums eingebettet und wird vom Verein «500 Jahre Zürcher Reformation» finanziell unterstützt, heisst es auf der Webseite des «Denkfestes». Nicolas Mori, Leiter Kommunikation der Reformierten Kirche im Kanton Zürich, bestätigte dies gegenüber kath.ch.

Reformierte Kirche schätzt kritische Anfragen

Die Gründung des Vereins «500 Jahre Zürcher Reformation», an dem unter anderem auch der Kanton Zürich und die Stadt Zürich beteiligt sind, ist nach Angaben von Mori wesentlich durch die Evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich initiiert worden. Dahinter sei der Wille gestanden, das Reformationsjubiläum nicht nur als «binnenkirchliches Ereignis abzufeiern», sondern es aufgrund seiner welthistorischen Bedeutung in die weitere Öffentlichkeit zu tragen.

Zudem wolle man im Rahmen des Jubiläums nicht nur historische Bezüge herstellen, sondern auch aktuelle, «etwa indem wir Evangelium und Theologie auf ihre heutige Relevanz befragen». Vor diesem Hintergrund würde es «von wenig Grösse zeugen», wenn man sich gegen kritische Anfragen und Projekte wehren würde, erklärte Mori zum Einbezug des Freidenker-Anlasses ins Jubiläumsprogramm. «Die Freidenker sind eine solch kritische Anfrage.»

Gründerin von liberaler Moschee eingeladen

Am «Denkfest» der Freidenker hat gemäss Programm auch die Muslimin Seyran Ates einen Auftritt, die im Juni in Berlin eine liberale Moschee eröffnete. Im Anschluss an einen Vortrag von Ates findet ein Podiumsgespräch mit ihr und zwei in der Schweiz lebenden Muslimen statt, Abduselam Halilovic, Vorstandsmitglied und Mediensprecher der Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich, sowie Kerem Adigüzel. Dieser träumt laut «Tages-Anzeiger" (17. August) von einer liberalen Moschee in der Region Zürich.

Das «Denkfest» findet zum dritten Mal statt. Erstmals wurde es 2011 durchgeführt. Die diesjährige Ausgabe wird von der Freidenker-Vereinigung der Schweiz organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Verein «Skeptiker Schweiz», der Giordano-Bruno-Stiftung, der Volkshochschule Zürich und weiteren Institutionen. (bal)

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