Warum steht auf reformierten Kirchen ein Hahn, auf katholischen ein Kreuz?

Zürich/Edlibach ZG, 27.7.17 (kath.ch) Kinder fragen, ein reformierter und ein katholischer Theologe antworten. Aus Anlass des Reformationsjubiläums hat kath.ch beiden Konfessionsvertretern dieselben Kinderfragen zu Unterschieden zwischen Katholiken und Reformierten gestellt. Für die Reformierten antwortet Christoph Sigrist, Pfarrer am Grossmünster in Zürich, für die Katholiken Christian Rutishauser, Priester und Provinzial der Schweizer Jesuiten.

Christoph Sigrist: Kirchen sind von Menschen gebaut, die an Gott glauben. Kirchen sind gebauter Glaube. Wer glaubt, redet wie einer, der in Gott verliebt ist. Und wenn du verliebt bist, dann fallen dir Bilder zu. «Du, Mutter, du bist für mich wie ein Fels mitten im Meer. Bei dir bin ich immer sicher.» Der Glaube redet mit Bildern der Liebe.

Der Hahn auf dem Turm von vielen reformierten Kirchen ist auch so ein Bild: Er steht dafür, dass der Hahn als erster den Morgen begrüsst. So haben die ersten Frauen und Männer am frühen Morgen das leere Grab von Jesus entdeckt. Der Schrei des Hahns verschmilzt mit dem Weckruf: «Jesus ist auferstanden!» Der Hahn erinnert jedoch auch an Petrus, den Jünger Jesu, der Jesus kurz vor der Kreuzigung dreimal verleugnet hat. Und der Hahn schrie jedes Mal danach. Für mich ist deshalb der Hahn auf dem Turm ein Fingerzeig von oben, wenn ich oder wir als Kirche Jesus verleugnen oder ihn verschweigen. Und das geschieht, wenn Menschen im Namen Gottes gefoltert, gekreuzigt und getötet werden.

Das Kreuz auf den katholischen Kirchen ist ein Hinweis, dass in diesen Raum die Geschichte von Jesus seine besonderen Spuren in den Raum schreibt. Menschen, die mit der Hand ein  Kreuz auf die Stirn oder auf die Brust malen, auch der Priester, der das Kreuz über dem Abendmahlsbrot oder auf die Stirn des Kindes zeichnet, das zur Taufe gebracht wird, schreiben diese Geschichte weiter.

Seltsam zum Schluss noch: Es gibt reformierte Kirchen mit einem Kreuz und katholische mit einem Hahn…


Christian Rutishauser: Wenn ich vor einer Kirche stehe, weiss ich nicht immer, ob es eine katholische oder eine reformierte Kirche ist. Der Hahn und das Kreuz auf der Kirchturmspitze sind aber Erkennungszeichen. Sie sagen mir: Diese Kirche ist reformiert. Diese Kirche ist katholisch. So ist es jedenfalls in der Schweiz. Im Ausland kann es aber genau umgekehrt sein. In Süddeutschland zum Beispiel steht oft ein Hahn auf der katholischen und ein Kreuz auf der reformierten Kirche. Also aufgepasst!

Hahn und Kreuz erinnern daran, was in der Kirche im Gottesdienst gefeiert wird. Beginnen wir mit dem Kreuz: Es steht für Jesus Christus. Er wurde gekreuzigt und hat sich überhaupt nicht dagegen gewehrt. Er hat sein Leben hingegeben für die Menschen. Das Kreuz ist also ein Zeichen für die Gewaltlosigkeit Jesu. Er hat am Kreuz sogar denen, die ihn quälten, vergeben. So hat er gezeigt, wie barmherzig Gott ist.

Auch der Hahn erinnert daran, dass der Mensch immer wieder Vergebung braucht. Der Hahnenschrei mahnt: Rette dich nicht mit Lügen wie Petrus! Der hat nämlich aus lauter Angst gelogen und gesagt: Ich habe nichts mit Jesus zu tun. Als man Jesus kreuzigte, ist er einfach weggelaufen. Doch als der Hahn krähte, ging es ihm durch Mark und Bein! Er konnte nur noch weinen, weil er seinen Freund Jesus verraten hatte. Der Hahn, der schon am frühen Morgen kräht, will uns also sagen: «Sei ganz wach! Lass dich nicht von Jesus wegziehen. Und wenn dir das doch einmal passiert ist, dann geh immer wieder zu ihm.» (sys)

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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