Österreichs Imame unterzeichnen Deklaration gegen Terrorismus

Wien/Zürich, 7.6.17 (kath.ch) Die Islamische Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGÖ) zieht sichtbar Stellung gegen den Terrorismus: Zum ersten Mal werden alle 300 der IGGÖ zugehörigen Imame aus ganz Österreich eine Deklaration gegen Terror und Extremismus unterzeichnen. Auch in der Schweiz gibt es vergleichbare Erklärungen, bislang jedoch nicht auf nationaler Ebene.

Am 14. Juni kommen die Geistlichen dafür im Islamischen Zentrum in der Moschee in Wien-Floridsdorf zusammen. Bisher differenziere die österreichische Bevölkerung noch zu wenig zwischen Terror und der friedlichen Religion Islam, begründete IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun am Mittwoch im «Kurier».

Beschönigen wolle man bei der IGGÖ aber nichts. Zwar würden die eigenen Imame und Religionslehrer gegen Extremismus ankämpfen. «Es gibt in Österreich aber auch illegale Hinterhofmoscheen, in denen nicht anerkannte Imame predigen», so Olgun. «Jene Jugendlichen, die in den Krieg zogen, kamen von dort oder wurden in den Sozialen Medien radikalisiert.» Die Deklaration sei daher auch eine Klarstellung für diese «schwarzen Schafe». Um wie viele solche Kleinmoscheen es sich handle, sei ungewiss.

Bestrebungen in der Schweiz

Auch in der Schweiz gibt es vergleichbare Bestrebungen, wenn auch bislang nicht auf nationaler Ebene. Im März haben die Union der Albanischen Imame in der Schweiz und der Albanisch islamische Verband Schweiz eine Charta unterzeichnet, in der sie sich von Gewalt distanzieren und zum Rechtsstaat bekennen. «Wir tolerieren keinerlei Aufrufe zu Gewalt oder Hass, der auf Religion, Rasse oder Ethnie beruht und sind überzeugt, dass ein solches Handeln im Widerspruch zum Geist des Islams steht», so die Charta. Darüber hinaus verpflichteten sich die Verbände zu «vollständiger Transparenz» in finanziellen Belangen. Dies betrifft insbesondere die Finanzierung der Organisationen.

Das Vorgehen der albanischen Verbände wurde nicht kritiklos aufgenommen. So fragte etwa Rifa’at Lenzin, Islamwissenschaftlerin am Zürcher Institut  für interreligiösen Dialog, warum die albanischen Muslime das Bedürfnis hätten, im Alleingang ein Bekenntnis zum Rechtsstaat abzulegen. «Was will man damit in der breiteren Öffentlichkeit erreichen? Will man sich als die besseren Muslime darstellen und sich von den übrigen abgrenzen?», sagte sie gegenüber kath.ch. Ausserdem gebe es bereits eine Grundsatzerklärung der Vereinigung der islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) aus dem Jahr 2005, die ein Bekenntnis zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit enthält.

«Eine Neuauflage der Erklärung ist nach meinem Dafürhalten nur sinnvoll, wenn sie breit abgestützt ist. Beispielsweise, wenn die Föderation islamischer Dachorganisationen der Schweiz als eine nationale Dachorganisation eine solche lanciert.»

Im Mai haben Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds und des Rats der Religionen, und das Oberhaupt der bosnischen Muslime, Grossmufti Husein Kavazovic, gemeinsam ein Dokument unterzeichnet. Auch darin werden Extremismus und Gewalt explizit verurteilt.

Weitere Aktionen in Österreich geplant

Die Deklaration der österreichischen Muslime, die an sämtliche Parlamentarier, die Medien sowie die anderen Religionsgemeinschaften übermittelt wird, soll nicht die letzte Aktion dieser Art bleiben. Noch im Sommer ist eine Menschenkette vom Islamischen Zentrum zur nächsten katholischen Pfarrei geplant.

Ein Zeichen der Trauer und der Solidarität mit den Terroropfern hat man bereits in der Schura-Moschee in Wien-Leopoldstadt gesetzt. Im Rahmen der Ramadan-Nachtgebete wurden Kerzen entzündet sowie Plakate mit den Aufschriften «Nein zu Terror» und «Nicht in meinen Namen» in die Auslage gestellt, berichtete ein Wiener Gemeinderat.  (kap/sys)


Islamwissenschaftlerin: «Eine nationale Muslim-Charta wäre sinnvoll»

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