Aargauer Pfarrblattredaktor prangert kirchliche Pensionskassen an

Aarau, 9.4.17 (kath.ch) Wie nachhaltig sind kirchliche Pensionskassen? Dieser Frage ist der Redaktionsleiter des Aargauer Pfarrblatts «Horizone», Andreas C. Müller, nachgegangen. Und stiess dabei auf Widersprüche zwischen moralischem Anspruch der Kirchen und deren Finanzanlagen.

Am heutigen Palmsonntag wird in vielerorts das violette Säcklein von «Fastenopfer» eingesammelt. Das Geld kommt der ökumenischen Kampagne «Geld gewonnen, Land zerronnen» zu, die von Fastenopfer zusammen mit dem reformierten «Brot für alle» getragen wird. Im Fokus der Kampagne stehen «Land Grabbing», Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden durch Firmen. Die kirchlichen Hilfswerke rufen dazu auf, von Banken und Pensionskassen mehr Transparenz einzufordern, wo diese ihr Geld anlegen.

Wie Recherchen von Andreas C. Müller, Redaktionsleiter des Aargauer Pfarrblatts «Horizonte», zeigen, investieren auch Pensionskassen der Landeskirchen ihr Geld in bekannte Firmen, die sichere Renditen versprechen. Untersucht wurden die Vorsorgeeinrichtungen der Reformierten Landeskirche Aargau sowie der Römisch-Katholischen Landeskirche beider Basel und Aargau, wie im Horizonte-Artikel nachzulesen ist.  Seine Recherchen wurden bereits am 13. März im «Horizonte» publiziert, Schweizer Radio SRF hat am 9. April bei Müller nachgefragt.

In den Portfolios der genannten Landeskirchen seien etwa die Firmen Apple, Samsung, Novartis, Nestlé oder Exxon Mobil «prominent vertreten», so Müller. Deren Aktien versprächen lukrative Anlagen und gälten als Rendite-Generatoren.

Fragezeichen von Menschenrechtsorganisationen

Menschenrechts- und Umweltorganisationen setzten hinter diese Firmen Fragezeichen: Apple und Samsung nähmen nach wie vor skandalöse Arbeitsbedingungen in Kauf. Novartis kämpfe mit Korruptionsvorwürfen in Griechenland, Nestlé stehe wegen angestrebter Grundwasserprivatisierung am Pranger, resümiert SRF den Horizonte-Artikel.

Wenn Pensionskassen grösserer Unternehmen oder Behörden ihr Geld in solche Firmen investierten, hält Müller dies für weniger problematisch, «aber für eine kirchliche Vorsorgeeinrichtung ist das letztlich eine Frage der Glaubwürdigkeit. Zumal Kirche einen moralischen Anspruch vertritt», sagt er gegenüber SRF.

Kleine Kassen

Ursachen für diesen Widerspruch zwischen moralischem Anspruch und eigener Geldanlage sieht Müller in gewissen Sachzwängen: Da seien einerseits die guten Renten, welche die kirchlichen Pensionskassen ihren Angestellten bezahlten, andererseits seien diese Kassen eher klein und würden nicht selten nebenamtlich verwaltet. Entsprechend fehlten Ressourcen und Know-How.

Dennoch sieht Müller Möglichkeiten, Rentabilität mit Nachhaltigkeit zu verbinden, indem man etwa nur mit sogenannten «Best Class-Firmen» zusammenarbeitet. Wenn man sein Geld in ein Automobilunternehmen investieren wolle, müsse man nebst den Renditen darauf achten, welches dieser Unternehmen am besten abschneide in Sachen Umweltanforderungen. «Das kann soweit gehen, dass eine Pensionskasse sich selber CO2-Ziele steckt», so Müller gegenüber SRF.

Ökumenische Vorsorgeeinrichtung?

Wie aber können kirchliche Pensionskassen solche Forderungen durchbringen? Müller schlägt Zusammenschlüsse vor: «Wenn wir mutig denken, dass sich kirchliche Pensionskasen über Kantonsgrenzen hinaus zusammenschliessen würden, hätten sie mehr Mittel, die sie einsetzen könnten.» Die Grösse gäbe ihnen auch mehr Gewicht im Dialog mit den Unternehmen. «Das würde sehr viel mehr Möglichkeiten bieten, Nachhaltigkeitsanforderungen umzusetzen.»
In einem Kommentar zur Recherche denkt Müller anlässlich des Reformationsjubiläums gar noch weiter: «Wie viel Gewicht hätte beispielsweise eine ökumenische Vorsorge-Einrichtung aller Landeskirchen und Bistümer in der Schweiz? Das Ticket für die Schweizer Super League der Vorsorge-Einrichtungen wäre wohl mit Sicherheit gelöst, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und die Einhaltung der Menschenrechte könnten beim Investment konsequenter eingefordert werden.» (sys)

 

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