Auf den Strassen zum Himmel

Zürich, 17.2.17 (kath.ch) Al Imfeld habe die Religion auf die Erde heruntergeholt, bodenständig gemacht und universal, schreibt Woz-Redaktorin Lotta Suter in ihrem Nachruf. Sie ist langjährige Weggefährtin, Biografin und Lektorin des Verstorbenen. Der Publizist und Afrika-Kenner verstarb am Dienstag im Alter von 82 Jahren.

Al Imfelds Freunde sagen, er habe im Gebet eines muslimischen Afrikaners sterben dürfen. Wie passend! Nicht nur sein tätiges Leben, sondern auch seine Spiritualität und sein Glauben haben die ganze Welt umfasst und Menschen jeglicher Herkunft und sozialen Stellung miteingeschlossen. Er hat die Gemeinsamkeit, das Verbindende unserer conditio humana betont und nicht die Unterschiede.

Doch als Kind schon, aufgewachsen in einer Kleinbauernfamilie im Luzerner Hinterland, haben ihn die anderen Kulturen fasziniert, die die Missionare aus Asien und Afrika mit ihren Diavorträgen in die katholischen Dörfer brachten. Die Missionsgesellschaft Bethlehem war es denn auch, die ihm noch ein weiteres wichtiges Fenster zur Welt aufmachte: die Bildung. Für den eher rebellischen Al Imfeld war es eine harte Schule, denn er lebte fünfzehn Jahre lang in streng geregelten katholischen Männerinstitutionen, bis er anfangs 1960er Jahre zum Priester geweiht wurde.

Seine Soutane verschenkte er bald weiter, und sein Wissensdurst führte zu weiteren Ausbildungen als Journalist, Agronom, Entwicklungsexperte und zu Aufenthalten und Reisen in den USA, in Asien und immer wieder in Afrika. Dieser Wahlheimat im Süden hat er 2015 mit der 800-seitigen Anthologie «Afrika im Gedicht» ein kulturelles Denkmal gesetzt – und es ist eine wunderschöne Liebeserklärung geworden.

Al Imfeld hatte viele verschiedene Berufe, Aufgaben und Interessen: Er beriet zahlreiche Entwicklungs-NGOs, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten, aber auch den Pharmariesen Novartis. Er schrieb Projektevaluationen und Sachbücher, aber auch Geschichten und Gedichte. Und er betonte stets, man müsse ein Thema umkreisen, wieder und wieder, um es besser erfassen zu können. Man müsse stets auch die andere Seite einer Sache berücksichtigen. Gerade weil ihn die lange und reichhaltige Agrargeschichte Afrikas interessierte (festgehalten im Buch «Elefanten in der Sahara»), wollte er deshalb auch über die rasante Urbanisierung auf diesem Kontinent nachdenken. «AgroCity – die Stadt für Afrika" sollte sein letztes Buch werden, rechtzeitig erschienen zu seiner grosszügigen Feier des 82. Geburtstags Mitte Januar.

Und was ist mit der Religion, die die ersten drei Jahrzehnte von Al Imfelds Leben so sehr geprägt hat? Der Verstorbene hat sie gewissermassen auf die Erde heruntergeholt, bodenständig gemacht und universal. Er hat durchaus auch zu religionswissenschaftlichen Themen geschrieben, beispielsweise zu Afrika als Weltreligion und zum Verhältnis von Religion und Ethik. Vor allem aber hat er seinen Glauben gelebt: im respektvollen Begleiten von anderen Menschen, die einen Weggefährten nötig hatten.

Al Imfeld wahrte zeitlebens eine skeptische Distanz zu allen Institutionen und Autoritäten, ob kirchlich oder weltlich. Das habe er von seinem Vater geerbt, sagte er jeweils, der habe ihm beigebracht, immer nur die Hälfte zu glauben. Herauszufinden, welche Hälfte das ist, machte er sich zur Lebensaufgabe und dank seinen vielen Publikationen können wir über seinen Tod hinaus daran teilhaben.

Lotta Suter ist Mitbegründerin und langjährige Redaktorin der Wochenzeitung «Woz», wo auch die jahrzehntelange enge Zusammenarbeit mit Al Imfeld begann. Sie lebt heute in den USA und arbeitet als freie Journalistin, Lektorin und Übersetzerin. Suter begleitete viele von Al Imfelds Büchern als Lektorin oder Mitherausgeberin, unter anderem auch die 2015 erschienenen Anthologie «Afrika im Gedicht». 2005 erschien beim Rotpunktverlag Lotta Suters Biografie über Al Imfeld «In aller Welt zuhause».


Publizist und Afrika-Kenner Al Imfeld ist tot

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