Nachfolge Huonder: Ein Who’s Who des Churer Domkapitels

Zürich, 15.2.17 (kath.ch) Wer sind die Domherren, die den Nachfolger des heutigen Bischofs von Chur, Vitus Huonder, wählen? kath.ch ist die Liste durchgegangen und stellt einige der bekannteren Persönlichkeiten vor.

Barbara Ludwig

Am 21. April wird der Churer Bischof Vitus Huonder 75 Jahre alt und muss dem Papst seinen Rücktritt anbieten. Mit der kommenden Sedisvakanz gerät das Churer Domkapitel ins Zentrum des Interesses. Das Gremium ist einer der Player im Wahlprozedere des künftigen Oberhirten. Wer sind die 24 Domherren, die aus einer vom Vatikan erstellten Liste mit drei Kandidaten den neuen Bischof von Chur wählen werden?

Zu den wenigen prominenten Köpfen im Domkapitel zählt Martin Grichting (49), seit 2009 Generalvikar für das Bistum Chur. Der aus Zürich stammende Theologe und Kirchenrechtler wurde 2010 als Kandidat für das Amt eines zweiten Weihbischofs gehandelt, was einen monatelangen Konflikt auslöste. Grichting, der auch schon für die Abschaffung der Kirchensteuer plädierte, gilt als überzeugter Gegner staatskirchenrechtlicher Strukturen. Damit hat sich der rhetorisch versierte Kleriker in weiten Teilen der Kirche Schweiz unbeliebt gemacht. Was die Medienpräsenz betrifft, kann es keiner der Domherren mit ihm aufnehmen.

Ebenfalls aus dem Kanton Zürich stammt Andreas Rellstab (*1966). Als regionaler Generalvikar für Graubünden war er während zweieinhalb Jahren ein Kollege von Grichting in der Bistumsleitung. 2011 warf Rellstab wegen Differenzen mit Bischof Vitus Huonder das Handtuch. Heute ist er Pfarrer des Seelsorgeraumes St. Anton – Maria Krönung in Zürich. Als ehemaliger Sprecher beim «Wort zum Sonntag» von Schweizer Radio und Fernsehen dürfte Rellstab für nicht wenige Schweizerinnen und Schweizer ein bekanntes Gesicht sein.

Davon kann bei Andreas Fuchs (46) nicht die Rede sein. Der ehemalige Pfarrer von Wetzikon und Gossau im Kanton Zürich hat 2011 den Posten von Rellstab geerbt und ist auch Mitglied im Bischofsrat. Der Geistliche, der im Gegensatz zu Grichting medial nicht präsent ist, gehört der Gemeinschaft der «Servi della Sofferenza» (Diener des Leidens) an. Die Mitglieder des Säkularinstituts betonen den Wert des Leidens.

Ein Mann mit vielen Ämtern und Funktionen ist Joseph Maria Bonnemain (68), der einst in Zürich Medizin studierte und auch eine Zeitlang als Arzt arbeitete. Seit 1989 ist das Urgestein des Bistums, das bereits vier Bischöfe erlebte, Vorsitzender des Diözesangerichts (Offizial). Als Mitglied im Bischofsrat beteiligt sich Bonnemain auch an der Leitung der Diözese. Der Mann, der seit dem Medizinstudium dem «Opus Dei» angehört, hat keine Angst, sich mit anspruchsvollen Themen zu befassen: Er ist Sekretär des Fachgremiums «Sexuelle Übergriffe im kirchlichen Umfeld» der Schweizer Bischofskonferenz. Im April 2011 – das Bistum steckte nach dem Weggang von zwei Kaderleuten in einer tiefen Krise – wurde Bonnemain zum Bischofsvikar für die Beziehungen zu den staatskirchenrechtlichen Organisationen und den Kantonen ernannt. Als solcher soll er das zerbrochene Vertrauen zwischen Diözese und Bistumskantonen wieder kitten.

Auch Christoph Casetti (73) kann auf eine lange Karriere im Bistum Chur zurückblicken. Während 22 Jahren war er Sprecher des Bischofs, bis ihn Ende 2010 Giuseppe Gracia in dieser Funktion ablöste. Der Zürcher ist Bischofsvikar für die Glaubensverkündigung und Katechese und Mitglied im Bischofsrat. Casetti hat in der Ehe- und Familienseelsorge ein Wirkungsfeld gefunden. Er engagiert sich auch in der Geschiedenenpastoral. Im April 2014 erhielt Casetti die volle Entscheidungsbefugnis für das Priesterseminar St. Luzi, ohne jedoch Regens zu sein. Diese Aufgabe bekam er, nachdem Weihbischof Marian Eleganti wegen Spannungen mit Huonder das Amt des Regens abgegeben hatte. Casettis Bekanntheit über die Grenzen des Bistums hinaus verdankt er seiner Tätigkeit als Exorzist; 2008 nahm er an einer Diskussion im Club des Schweizer Fernsehens zu dem Thema «Exorzismus» teil.

Anders als die bereits genannten Domherren gehört Roland Graf (*1961) nicht zur Bistumsleitung. Als Sekretär des Churer Priesterkreises dürfte der Pfarrer von Unteriberg SZ aber ganz hinter derselben stehen. Der Priesterkreis gilt als Vereinigung, die der gegenwärtigen Bistumsleitung besonders nahesteht. Graf ist Präsident ad interim des Schweizer Ablegers von «Human Life International». Die Lebensschutzorganisation gehört zur Trägerschaft des seit 2010 jährlich stattfindenden «Marsch fürs Läbe», an dem jeweils Abtreibungsgegner unterschiedlicher Konfessionen teilnehmen.

Auch Franz Imhof (*1964) gehört dem Churer Priesterkreis an, in der Funktion des Präses. Vom Domherrn, der Pfarrer in Attinghausen UR ist, hört man in der breiteren Öffentlichkeit kaum etwas.

Wie Christoph Casetti gehört auch Franz Annen (*1942) zu den älteren Domherren. Der Experte für neutestamentliche Exegese war während 33 Jahren Professor an der Theologischen Hochschule Chur, der er zeitweise auch als Rektor vorstand. Zudem wirkte Annen auch als Subregens und Regens des Priesterseminars St. Luzi. 1991 setzte ihn der umstrittene Bischof Wolfgang Haas als Regens ab. Der als fortschrittlich geltende Theologe wurde 2012 ins Domkapitel aufgenommen.

Ein Urgestein der Zürcher Kirche ist schliesslich Franz Stampfli (*1935). Seit 1977 ist er Mitglied im Domkapitel und damit der dienstälteste Domherr. Stampfli war an verschiedenen Orten als Pfarrer in der Seelsorge tätig. Von 1973 bis 1994 arbeitete er als Sekretär des Generalvikariats in Zürich. Dort war er bis 1991 auch für die Medienarbeit des Bistums Chur und anschliessend für das Generalvikariat zuständig. Stampfli liebt theologische Debatten, wie er 2012 gegenüber der Presseagentur Kipa sagte. Heute ist der Pfarrer im Ruhestand als Pfarradministrator in Herrliberg ZH und in der Pfarrei St. Franziskus in Zürich-Wollishofen tätig.

 

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