Jüdische Gemeinschaft fordert nationales Sicherheitskonzept

Zürich/Bern, 17.11.16 (kath.ch) Der Bund hat einen Bericht über die Massnahmen des Bundes gegen Antisemitismus in der Schweiz veröffentlicht. Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) kritisiert, dass sich der Bund darin nicht für weitergreifende Massnahmen zum staatlichem Schutz der jüdischen Gemeinschaft ausspricht, wie einer Mitteilung vom 17. November zu entnehmen ist.

In dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht gibt die Fachstelle für Rassismusbekämpfung erstmals einen Überblick über Präventionsmassnahmen, Rechtslage und Schutz von jüdischen Menschen und Einrichtungen. Darin hält er fest, dass sich das Risiko für Schweizer Juden erhöht habe, Opfer eines Terrorangriffs zu werden. Der Bund habe hier eine Schutzpflicht. In der Folge werden bestehende Massnahmen aufgelistet, etwa die Antirassismusstrafnorm oder die internationale Kooperation im Bereich der Internetkriminalität.

Nationales Gesamtkonzept gefordert

«Wir sehen einiges an diesem Bericht positiv», sagt Herbert Winter, Präsident des SIG, gegenüber kath.ch und erwähnt etwa die Anerkennung der erhöhten Bedrohung der Juden. «Aber noch wichtiger ist für uns, wie der Bund auf diese Gefährdung reagiert.» Und genau hier ist der SIG enttäuscht.

Konkret gehe es um den Schutz etwa von Synagogen, Schulen oder Gemeindehäusern, vor denen staatliches Sicherheitspersonal patrouillieren könnte, wie dies in den meisten Nachbarländern der Schweiz der Fall sei, sagte Winter gegenüber kath.ch. In der Schweiz existiere ein solch staatlicher Schutz kaum. «Der Bund verweist darauf, dass die Sicherheit Sache der Kantone sei. Wir fordern hingegen ein nationales Gesamtkonzept.»

Stiftung errichten

Wenn der Staat diese Sicherheit nicht gewährleiste, so erwartet der SIG zumindest einen finanziellen Beitrag an die «sehr grossen Beträge», welche die jüdische Gemeinschaft jährlich aufbringen müsse, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Allein in Zürich betrügen die Kosten für die Sicherheit jährlich über 1,5 Millionen, wie Patrick Studer, Leiter Kommunikation und Information beim SIG, gegenüber kath.ch sagt.

Der Bericht des Bundes verweist darauf, dass ihm dafür die Rechtsgrundlage fehle. «Zur Finanzierung ihrer Sicherheitskosten könnten die jüdischen Organisationen eine Stiftung errichten», schlägt der Bund daher vor. Ein Vorschlag, der für Winter schlicht «inakzeptabel» ist, wie es in der Mitteilung heisst.

Verbandsklagerecht

Auch im Kampf gegen Rassismus und Antisemitismus muss der Bund laut SIG mehr unternehmen, als im Bericht aufgelistet ist. Konkrete Vorschläge haben die jüdischen Dachverbände dem Bund bereits früher gemacht: «Der Bund sollte international zusammenarbeiten in der Bekämpfung von Hassbotschaften in den sozialen Medien», so Winter gegenüber kath.ch.

Die strafrechtliche Erfassung von Hassverbrechen und deren Angleichung an internationale Standards, die Einführung eines staatlichen Monitorings von rassistischen und antisemitischen Vorfällen oder die Finanzierung von Organisationen, die diese durchführen, wären laut Winter weitere Massnahmen. Der SIG fordert ausserdem die Einführung eines Verbandsklagerechts. Bislang könnten nur Einzelpersonen Klage erheben aufgrund rassistischer oder antisemitischer Vorfälle. Gemäss Winter gäbe eine Klage etwa durch einen Dachverband dieser mehr Gewicht. (sys)

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