In den Unterschieden der Kirchen steckt auch eine Kraft

Basel, 15.11.16 (kath.ch) Die Stadt Basel gilt als eine der Geburtsstätten der Reformation in der Schweiz. Deshalb machte auch der europäische Stationenweg zum Reformationsgedenken dort Halt. Im Münster kam an diesem Tag auch zu einer öffentlichen Disputation, an der über Einendes und Trennendes zwischen den beiden Kirchen gesprochen wurde. Prominenter Gast war die deutsche Reformations-Botschafterin Margot Kässmann.

Vera Rüttimann

In Basel ist Herbstmesse. Vor dem Münster dreht sich das Riesenrad und ein vielarmiges Fahrgeschäft schleudert lärmend Menschen durch die Luft. Drinnen versammeln sich an diesem nebligen Samstag Reformierte und Katholiken zu einer öffentlichen Disputation. «Ad Fontes – Zu den Quellen», lautet der Titel. Auf dem Podium: der Basler Bischof Felix Gmür, der Präsident der Reformierten Kirche Basel, Lukas Kundert, und Margot Kässmann, Botschafterin der evangelischen Kirchen Deutschland für das Reformationsgedenken 2017.

Die Zuhörer üben sich in gespannter Erwartung. Alt-Münster-Pfarrer Franz Christ betonte in seinem Intro die Bedeutung der Reformation für die Stadt Basel. Tiefgreifende Veränderungen brachte diese und die Auswirkungen seien bis heute zu spüren.

Auf der Suche nach der Einheit

Ad Fontes – Zu den Quellen: Das gemeinsame Erbe der Konfessionen und die Quelle, die dorthin führt. Das heisst sowohl für den Basler Bischof Felix Gmür, als auch für Margot Kässmann vor allem das stete «Zurückgehen zu Jesus Christus». Daraus schöpfen beide Kirchen.

Einheit ist ein weiteres Wort, das die von von festlichen Choralgesängen umrahmte Diskussion hin und her wogen lässt. Für Bischof Felix Gmür ist Einheit allerdings auch ein schwieriger Begriff. Er sagte: «Es gibt wohl so viele Einheitsvorstellungen, wie es Kirchen gibt.»

Bei der anderen Konfession gibt es «das andere» zu entdecken.

Während Lukas Kundert sich noch mehr Einheit zwischen den beiden Kirchen wünscht, findet Margot Kässmann eine gewisse Unterschiedlichkeit gerade anregend: «Es gibt die kreative Kraft der konfessionellen Unterschiede. Ich möchte gar keine Einheit, die Gleichmacherei bedeutet.» Für sie ist die ökumenischen Bewegung gerade deshalb interessant, weil so am anderen «das andere» zu entdecken sei.

Den Kirchen fehlt es an Fröhlichkeit…

Was die beiden Kirchen eint, da sind sich alle Referenten auf dem Podium einig, ist der Mangel einer gewissen Fröhlichkeit und Lebensfreude. Margot Kässmann sagt dazu: «Das ist eine Herausforderung für beide Kirchen.»

Bei allen Unterschieden in der Gottesdienstgesaltung und in der Spiritualität der christlichen Konfessionen stellt sie eine grosse ökumenische Entwicklung fest. Aber sie macht auch klar: «Mit Blick auf ein gemeinsames Abendmahl müssen wir schlicht aushalten, das wir im Moment noch nicht so weit sind.»

Basel ist noch heute Impulsgeber

Für Felix Gmür ist es kein Zufall, dass Basel zu den ersten Städten auf dem europäischen Stationenweg gehört. Aus dieser Stadt seien schon früh wichtige Impulse der Geisteswissenschaften gekommen. Seither und bis in die Gegenwart hinein sei Basel immer wieder Ort von neuen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft gewesen.

Basel – ein Ort für ökumenische Akzente.

Auch ist Basel heute ein Ort für starke ökumenische Akzente. Kenner der kirchlichen Szene im Münster denken hier etwa an das Industrie-Pfarramt oder an die historische Ökumenische Versammlung «Frieden in Gerechtigkeit» im Jahr 1989, die nachhaltige Projekte hervorgebracht hat. Es ist auch kein Zufall, dass 2018 in Basel rund um das Münster die Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa stattfinden wird.

Basler Orte der Reformation

Gäste der Reformationsstadt Basel besuchen weitere Orte, wie die Albanskirche. Hier wurden mit der ersten evangelischen Predigt durch Wilhelm Röublis 1521 die ersten Wortgottesdienste begangen. Sie gehen weiter zur Barfüsserkirche, vor der das Fahrgeschäft «Oktopus»  Menschen durch die Luft wirbelt und wo es nach gebannten Mandeln riecht. Ein Blick zurück: Mit dem Bauernaufstand beginnt 1525 die Auflösung der Klöster. Auch dieser ehemalige Sakralbau, in dem sich heute das Historische Museum von Basel befindet, kann noch heute die Geschichte der Reformation illustrieren. Das stattliche Gotteshaus war einst das Kloster des Franziskaner-Ordens.

Auf den Spuren der Buchdruckerstadt

Viele Besucher wandelten an diesem Tag aber auch auf den Spuren der Buchdrucker-Stadt Basel. Hier am Rhein wurden bedeutende reformatorische Schriften gedruckt. So wurde etwa in der Druckerei von Adam Petri im Haus an der Weissen Gasse 28 schon früh mit dem Druck von Luther-Schriften begonnen. Bereits 1517 konnten hier Interessierte seine Ablassthesen erwerben.

Wichtige Reformationsschriften wurden in Basel gedruckt.

Besucher suchen auch das Haus «Zum Sessel», dem heutigen Sitz des Pharmazie-Historischen Museums, auf. Hier befand sich die Werkstätte des Basler Buchdruckers Johannes Froben. Durch die fruchtbare Zusammenarbeit von Froben und Erasmus wurde dieses Haus zu einer Herzkammer des damaligen intellektuellen Schaffens.

Im Jahr 1516 liess Johannes Froben die von Erasmus herausgegebene griechisch-lateinische Ausgabe des Neuen Testaments, das «Novum Instrumentum», drucken. Bei der Edition dieses Werkes ging Erasmus Johannes Oekolampad zur Hand. Der Reformator Oekolampad war unter anderem Vikar an der Basler Martinskirche. Dort führte er den deutschen Kirchengesang ein. – Erasmus und Oekolampad sind im Münster begraben.

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