«Wir wollen die vollständige Gleichberechtigung»

Luzern, 14.10.16 (kath.ch) Der Sprecher von Adamim, dem Verein schwuler Seelsorger, ist erfreut über die Resultate der jüngsten Umfrage der Schwulen-Organisation Pink Cross. In der Umfrage kommt eine hohe Akzeptanz für Anliegen der Homosexuellen zum Ausdruck. Auf die Situation der katholischen Seelsorger hätten gesetzliche Verbesserung allerdings keine direkten Auswirkungen, sagt Bruno Fluder im Gespräch mit kath.ch.

Regula Pfeifer

Eine Studie der Homosexuellen-Organisation Pink Cross hat eine hohe Akzeptanz für Anliegen der Homosexuellen in der Bevölkerung festgestellt. Wie kommen diese Resultate bei Ihnen an?

Bruno Fluder: Wir haben die Nachricht mit Freude aufgenommen. Die Resultate zeigen: In den letzten zehn Jahren ist ein bedeutender Schritt passiert. Damals, als das Gesetz zur eingetragenen Partnerschaft für Homosexuelle angenommen wurde, war immerhin noch rund ein Drittel der Stimmbevölkerung dagegen. Nun wird sogar eine Zivilehe von einer Mehrheit akzeptiert. Das entspricht unserem Ziel: Wir wollen die vollständige Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Transmenschen und Intersexuellen Menschen. Wir sind alle Teil von Gottes Schöpfungsplan.

In den letzten zehn Jahren ist ein bedeutender Schritt passiert.

Nehmen Sie im kirchlichen Umfeld eine ähnliche Akzeptanz wahr?

Fluder: Ich stelle in der Bevölkerung unter Katholiken, Reformierten und Konfessionslosen ein gleiches Mass an Toleranz fest. In der kirchlichen Leitung ist die Einstellung anders.

Angenommen, die Ehe für Homosexuelle und die Adoption der Kinder homosexueller Partner kämen durch: Was für Auswirkungen hätte das für Homosexuelle in kirchlichem Dienst?

Fluder: Das hätte keinen direkten positiven Einfluss auf ihre Situation. Ihnen machen vor allem die kircheninternen Regelungen stark zu schaffen. Dennoch könnten solche Gesetzesänderungen den Druck auf die katholische Kirche erhöhen, etwas in dieser Richtung zu verändern. Meine Hoffnungen sind allerdings klein, dass ich das noch erleben könnte.

Homosexuellen in kirchlichem Dienst machen interne Regelungen stark zu schaffen.

Was müsste die katholische Kirche ändern?

Fluder: Sie müsste die Zölibatspflicht aufheben, die Gleichberechtigung der Frauen in der Leitung umsetzen und die Sexualmoral ändern. Die aktuelle Sexualmoral ist auf das Zeugen von Kindern ausgelegt. Das ist die Kernideologie hinter der Haltung und dem Verhalten der Kirche den Homo-, Trans- und Intersexuellen Menschen gegenüber. Sie hat fast die Kraft eines Dogmas.

Sehen Sie das für die reformierte Kirche ähnlich?

Fluder: Die reformierte Kirche ist enger angebunden an gesellschaftliche Entwicklungen. Deshalb sind Veränderungen da eher möglich. Dass ein reformierter Pfarrer nicht gewählt wird, weil er mit einem Partner zusammenlebt – wie unlängst in Bichelsee TG –, schätze ich als verschwindendes Phänomen ein. Die katholische Kirche hingegen ist resistenter gegenüber gesellschaftlichen Entwicklungen. So vergrössert sich der Spalt zwischen Gesellschaft und Kirche.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/gesetzesaenderungen-koennten-den-druck-auf-die-kirche-erhoehen/