Seit 50 Jahren stellt die Paulus Akademie Fragen zur Zeit

Zürich, 1.10.16 (kath.ch) Die Paulus Akademie feiert das 50-jährige Bestehen. Sie war und ist eine sichere Adresse für tiefgründige Auseinandersetzung mit Themen der Kirche in der Gesellschaft. Die Schwerpunkte haben sich dabei aber deutlich verschoben und das Publikum hat sich gewandelt.

Martin Spilker

Für Hans-Peter von Däniken steht fest: Die Kirche tut gut daran, einen Ort zu bieten, wo Themen aus Religion und Gesellschaft in aller Breite diskutiert werden können. Und mit breit meint er sehr breit. Wer heute das Angebot der Paulus Akademie in ihrem 50. Jahr anschaut, findet eine thematische Bandbreite, die weit über eine Bildungseinrichtung mit katholischen Wurzeln hinausreicht. Zudem muss sie sich auf dem Platz Zürich auch noch gegen hunderte andere Anbieter behaupten.

Kirche öffnete Fenster zur Welt

«Wir erreichen heute sehr viele Leute, die mit der Kirche nicht mehr viel zu tun haben», sagt von Däniken, der die Akademie seit 2005 leitet. «Unser Publikum stammt querbeet aus allen Berufsfeldern und gesellschaftlichen Segmenten», ergänzt Catherine Hauser, die bei der Paulus Akademie für Marketing und Kommunikation verantwortlich ist. Diese Feststellung ist für ein Bildungsinstitut im Jahr 2016 nichts Besonderes. Für eine kirchliche Akademie allerdings schon. Besonders wenn mit den Anfängen der Akademie verglichen wird.

Das Publikum stammt aus allen Berufsfeldern und Segmenten.

1966, im Sog der Öffnung der katholischen Kirche durch das Zweite Vatikanische Konzil hatte der damalige Zürcher Generalvikar Alfred Teobaldi die Absicht, mit einer allen Interessierten offenstehenden Akademie ein «Fenster zur Gesellschaft» aufzumachen, wie es in der Festschrift zum Jubiläum heisst.

Was heute ganz normal erscheint, war vor 50 Jahren eine grosse Neuerung – und stiess entsprechend auf grosses Interesse. Die Themen richteten sich an ein katholisches Milieu im reformierten Zürich und waren hauptsächlich auf Kirche, Glauben, Ökumene und moralisch-ethische Fragen ausgerichtet. «Ein Vortrag über Maria, die Mutter Gottes, füllte damals einen Saal mit 400 Personen», hält Hans-Peter von Däniken rückblickend fest.

Kirche, Religion, Ethik

Nach wie vor drehen sich die Angebote der Paulus Akademie um theologische, religiöse und ethische Themen, beleuchten Fragen der Existenz und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Hinzugekommen sind jedoch neue Problemstellungen: Einflüsse der wirtschaftlichen Entwicklungen auf Gesellschaft und Individuum etwa oder bioethische Herausforderungen in der Medizin und den Life-Sciences. Verändert haben sich auch die Sprache, die Anspruchsgruppen und die Form. Mit der 1966 in Zürich-Witikon eröffneten Paulus Akademie boten Trägerschaft und Veranstalter den Besucherinnen und Besuchern eine Heimat, einen sicheren Hafen, in dem sie «ihre» Fragen in guter Hand wussten.

Heute haben viele Besucher und Besucherinnen der Veranstaltungen weniger oder keinen Bezug zu Kirche und Pfarreien. Das Ziel bleibt aber das gleiche, wie der Direktor hervorhebt: «Wir erreichen, um es in einem Bild auszudrücken, religiöse Nomaden. Menschen, die sich mit den grossen Fragen des Werdens und Seins auseinandersetzen wollen.» Dazu hat die christliche Botschaft etwas zu sagen, ist von Däniken überzeugt. Und darum ist es seiner Meinung nach so wichtig, dass die Kirche Angebote bereitstellt, die ebendiese Auseinandersetzung auf christlicher Grundlage ermöglichen.

Vernetzen, verbinden, herausfordern

Von Däniken sieht hier eine neue, notwendige Öffnung der Kirche hin zu einer veränderten Gesellschaft. Und das verschaffe auch der Kirche einen Gewinn: «So werden Stimmen aus völlig anderen Arbeitsgebieten und Denkweisen an die Kirche herangetragen.» Die Paulus Akademie sieht sich also als Vermittlerin in zwei Richtungen: Sie gibt religiöse und ethische Themen in die Gesellschaft hinein und verhilft Anfragen und kritischen Anmerkungen zur kirchlichen Haltung den Weg zurück. Aber kommen solche Stimmen in der Kirche denn auch an? Hans-Peter von Däniken zögert nicht lange mit einer Antwort: «Ich wünschte mir bei unseren Veranstaltungen mehr Beteiligung von kirchlicher Seite.»

Es gelingt, mit Blick auf aktuelle Debatten präsent zu sein.

Für die Zukunft der Paulus Akademie ist der Direktor zuversichtlich. Es gelinge der Akademie, gerade mit Blick auf relevante und aktuelle gesellschaftliche Debatten präsent zu sein. Um im riesigen Bildungsangebot überhaupt aufzufallen und wahrgenommen zu werden, müssten allerdings neue Wege beschritten werden, erklärt Marketing-Fachfrau Hauser. Die Akademie geht darum vermehrt Kooperationen und Partnerschaften ein und bietet eine Veranstaltung gerne auch in deren Lokalitäten an. So gelinge es umgekehrt, wieder ganz neue Kreise anzusprechen, die auf die Paulus Akademie aufmerksam gemacht werden könnten.

Ortswechsel als Folge

Damit verbunden ist auch ein örtlicher Wechsel der Akademie. Aus dem einstigen Vorort Witikon verlegt die Paulus Akademie ihren Sitz mitten in die Stadt nach Zürich-West. Im Kulturpark an der Pfingstweidstrasse soll durch die Nähe zu Fachstellen und NGOs aus Religion und Gesellschaft eine enge Zusammenarbeit gepflegt und so ein Mehrwert erzielt werden, der dem Programm der Akademie zugute kommen soll. Allerdings verhindert ein Rechtsstreit immer noch den Bezug des neuen Gebäudes.

Doch trotz Umzug in ein «Hip»-Quartier von Zürich ist für Hans-Peter von Däniken klar: Die hohe Qualität der gegen 60 Anlässe pro Jahr bleibt oberstes Gebot. «Partytime by Paulus Akademie» wird es auch in Zürich-West nicht geben.

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