Arnold Landtwing spricht über die befreiende Botschaft von Jesus Christus

Zürich/Einsiedeln, 16.9.2016 (kath.ch) Arnold Landtwing ist neuer «Wort zum Sonntag»-Sprecher. Er eröffnet am 1. Oktober mit seinem ersten Fernseh-Auftritt am Samstagabend das neue Team auf Fernsehen SRF. kath.ch hat ihn zu seiner Motivation, zur Ausbildung vor der Kamera und zu möglichen Rollenkonflikten befragt.

Charles Martig

Wie wird man «Wort zum Sonntag»-Sprecher?

Arnold Landtwing: Zunächst ist es eine Berufung, keine Bewerbung. Die Verantwortlichen von Schweizer Radio und Fernsehen SRF suchen gemeinsam mit den kirchlichen Fernsehbeauftragten geeignete Kandidatinnen und Kandidaten.

Wie lange hat der gesamte Auswahlprozess gedauert?

Landtwing: Im Frühjahr 2016 wurde ich von Bruno Fäh, dem Radio- und Fernsehbeauftragte des Katholischen Medienzentrums, angefragt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Möglichkeit zu sagen: «Das traue ich mir gar nicht zu.» Ich habe mich jedoch dazu entschieden, beim Auswahlverfahren mitzumachen. Das beginnt mit einem halbstündigen Kameratest, später kommt ein ganzer Testtag dazu. Erst dann werden die neuen Sprecherinnen und Sprecher bestimmt.

Es erlaubt, einen Kommentar zum Zeitgeschehen aus christlicher Sicht zu geben.

Was gab den Ausschlag für Ihre Entscheidung?

Landtwing: Für mich war wichtig, dass ich als Theologe und als Person eine Meinung habe, die es mir erlaubt einen Kommentar zum Zeitgeschehen aus christlicher Sicht zu geben. Ich freue mich sehr darauf, einen Meinungsbeitrag in einem Gefäss zu gestalten, das völlig anders ist. In meiner Funktion als Informationsbeauftragter des Generalvikars von Zürich und Glarus muss ich dabei eine klare Trennung zwischen beruflicher Tätigkeit und dem «Wort zum Sonntag» vollziehen.

Führt das für Sie nicht zu einem Konflikt, sowohl Mediensprecher als auch «Wort zum Sonntag»-Sprecher zu sein?

Landtwing: Das ist selbstverständlich ein Spagat. Manche Zuschauerinnen und Zuschauer werden diese beiden Rollen auch nie hundertprozentig voneinander trennen. Aber das «Wort zum Sonntag» spreche ich als Arnold Landtwing und nicht in meiner Funktion als Informationsbeauftragter. Bewusst verlege ich alle Vorbereitungsarbeiten für das Erarbeiten und die Aufnahmen in meine Freizeit. Das habe ich so mit dem Generalvikar abgesprochen. Es ist auch klar, dass ich nicht ein «Durchlauferhitzer» für das Generalvikariat bin. Es gibt also keine Botschaft vom Generalvikar, die ich vermittle, sondern es sind ausschliesslich meine Gedanken, meine persönliche Stellungnahme zu einem Thema.

Das heisst, Sie sprechen als Privatperson direkt in die Schweizer Stuben hinein?

Landtwing: Richtig. Da spielt auch ein Teil meiner Lebensgeschichte mit. Ich hatte immer wieder berufliche Verpflichtungen, bei denen Standfestigkeit gefordert war. Sei das in der Seelsorge, in der Verantwortung für Religion und Ethik am Lehrerinnen- und Lehrerseminar, oder in Einsiedeln, wo ich sechseinhalb Jahre lang wöchentlich rund 400 Schüler unterrichtet habe. Das funktioniert nur, wenn man eine überzeugende Botschaft hat. Das Wort zum Sonntag ist ein anderer Kanal, mit neuen für mich noch ungewohnten Regeln.

Stichwort «anderer Kanal»: Welche Erfahrungen haben Sie mit dem ersten Kameratest gemacht?

Landtwing: Das war für mich sehr speziell. Ich habe zwar bereits eine Ausbildung in professioneller Öffentlichkeitsarbeit gemacht, dazu gehörten auch Kameraauftritte. Zudem ist es auch Teil meiner Arbeit, dass ich eine Kamera mir gegenüber habe oder dass ich im TV-Studio auftrete. Aber drei bis vier Minuten Zeit vor der Kamera zu haben und einen Gedanken zu entwickeln, das ist für mich eine völlig neue Erfahrung. Sie erschreckt mich nicht, ich nehme es als eine besondere Herausforderung an.

Ich nehme das als eine besondere Herausforderung an.

In der Auswahl der Sprecher und Sprecherinnen waren die Kameratests mehrstufig aufgebaut. Als erstes musste ich ein Probe-Wort mitbringen und vor der Kamera halten. Dieses wurde dann kritisch analysiert.

Wer hat diese Analyse gemacht und Ihnen Feedback gegeben?

Landtwing: Bei den Tests war immer jemand von der Sprechausbildung von SRF dabei. Einige Wochen nach dem ersten Kameratest waren wir an einem Testtag in einer Gruppe von fünf Leuten. Ausbildungs-Fachleute vom Fernsehen SRF haben uns geschult. Feedbacks gab es auch von der zuständigen Redaktorin und den kirchlichen Fernsehbeauftragten. Aufgrund des Feedbacks hatten wir die Möglichkeit, das «Wort zum Sonntag» in überarbeiteter Form nochmals zu halten. Das war eine Art von Stresstest. Es ging darum herauszufinden, wie wir mit den Rückmeldungen umgehen. Gibt es bei den Kandidatinnen und Kandidaten die Flexibilität, sich mit konstruktiver Kritik auseinanderzusetzen?

Sie mussten also gleich nochmals vor die Kamera treten und einen zweiten Anlauf machen?

Landtwing: Unmittelbar aus der Situation heraus einen Sprechtext neu zu formulieren: das war für mich durchaus eine Herausforderung. Ich musste inhaltlich eine andere Kurve nehmen und Textstellen verabschieden, die mir lieb waren.

Was war Ihre grösste Herausforderung bei der Ausbildung?

Landtwing: Das war eine Situation, bei der drei Gegenstände auf dem Tisch lagen, von denen ich einen auswählen konnte. Dann ging es direkt vor die Kamera mit dem Auftrag, rund um diesen Gegenstand eine Geschichte zu erzählen. An diesem Abend bin ich heimgereist mit dem Eindruck: Das habe ich jetzt vollständig vergeigt. Die guten Geschichten sind mir erst im Nachhinein zugeflogen. Ich stand also mit dem Gegenstand in der Hand vor dieser Kamera und dachte: Das war nun wirklich ein Schuss in den Ofen.

Wie läuft denn das Auswahlverfahren genau ab?

Landtwing: In einem ersten Casting wurden unsere Flexibilität und die Fähigkeit zum Geschichtenerzählen geprüft, aber es wurde natürlich auch auf die Wirkung vor der Kamera geschaut. Ich wurde dann für eine zweite Runde eingeladen. Als Aufgabe musste ich spontan einen Ort in oder um das TV-Studio bestimmen, an dem ich dann wiederum aus der Situation heraus ein zweiminütiges Wort vor der Kamera sprechen musste. Es gab in diesem Prozess wiederum Veränderungen am Text, mit mehreren Varianten. Das war die entscheidende Runde für das Casting. Hier wurden die fünf Sprecherinnen und Sprecher für das neue Team gewählt.

Wir wurden drei Tage lang richtig «gezwiebelt».

Was haben Sie in der Ausbildung vor der TV-Kamera gelernt?

Landtwing: Nur schon das Casting bis und mit Zusage war für mich ein sehr interessanter und lehrreicher Prozess mit einer eher spielerischen Seite. Ich hätte sowohl mit einem Ja als auch mit einem Nein gut leben können. Als die Zusage eintraf habe ich gedacht, jetzt wird es wirklich ernst. Für den Feinschliff waren wir drei Tage in Morschach im Bildzungszentrum Mattli. In diesem Ausbildungsblock waren Christine Stark, die verantwortliche Redaktorin SRF, die kirchlichen Fernsehbauftragten Bruno Fäh und Andrea Aebi, zudem auch ein Sprechausbildner von SRF, Eberhard Wolf. Diese Experten haben uns drei Tage lang richtig «gezwiebelt».

«Zwiebeln»? Wie geht das vor sich?

Landtwing: Im wahrsten Sinn des Wortes wurden unsere Beiträge wie Zwiebeln geschält, Schicht für Schicht freigelegt. Es waren drei sehr intensive Ausbildungstage. Wir mussten wiederum ein «Probe-Wort» mitbringen. Diesem Text wurde Schicht für Schicht abgetragen und analysiert, was darunter hervorkommt. Am Ende der drei Tage hatte ich fünf überabeitete Versionen des ursprünglichen Sprechtextes. Ich habe dabei festgestellt: jetzt ist es noch präziser, noch besser geschliffen, noch stringenter. Und am Ende hatte ich den Eindruck, dass das Probe-Wort nun langsam in das Format am Samstagabend hineinpasst.

Besteht die Erwartung, dass Sie dies bei jedem Wort zum Sonntag machen?

Landtwing: Nein, diese Erwartung haben weder die SRF-Fachleute noch die kirchlichen Fernsehbeauftragten ausgesprochen. Sie haben uns jedoch das Handwerkszeug und die Motivation dazu mitgegeben. Ich rede in eine Stube hinein, weiss aber nicht genau, wer dort sitzt. Das heisst, dass ich mit gewissen Aussagen und Bildern etwas auslösen kann und will. «Familie» ist zum Beispiel nicht überall positiv besetzt. Wenn ich strahlend über Familie erzähle, zappen all jene weg, die zuhause Gewalt und Belastendes erleben. Die Herangehensweise spielt also eine wichtige Rolle.

Können Sie sich vorstellen, zu einem «Prime-Time-Publikum» zu sprechen? Das sind immerhin rund 300’000 Zuschauerinnen und Zuschauer.

Landtwing: 300’000 Leute kann ich nicht auf die gleiche Weise erreichen. Ansprechen kann ich den einzelnen Menschen, der in diesem Moment am TV schaut oder später im Internet hineinklickt. Ich stelle mich beim Sprechen auf eine einzelne Person, oder eine kleine Gruppe ein, die mir gegenüber ist, um meine Botschaft zu vermitteln.

Das entspricht durchaus der Nutzungssituation vor dem Gerät …

Landtwing: Das ist auch die Herausforderung. Es geht darum, dreieinhalb Minuten mit einem Gegenüber einen Kontakt aufzubauen, der bei der Aufnahme im Studio nicht anwesend ist. Dazu gibt es Mittel und Techniken, die ich in der Ausbildung mitbekommen habe. Diese Situation finde ich sehr spannend.

300’000 Leute kann ich nicht auf die gleiche Weise erreichen.

Sie starten am 1. Oktober mit dem neuen Team. Haben Sie bereits bestimmte Themen und Schwerpunkte, die sie besetzen möchten?

Landtwing: Es gibt eine Liste von Themen, die ich für mich als Ideensammlung erstellt habe. Über das Kirchenjahr verteilt gibt es Möglichkeiten, Schwerpunkte zu setzen. Das Thema ist aber nicht das Kirchenjahr, sondern das, was dort vom Leben her gesehen geschieht. Ich freue mich auf aktuelle Themen, Entwicklungen und Ereignisse, die uns in der Gesellschaft beschäftigen und sich geradezu anbieten. Es gibt viele Themen, die wesentlich sind: Wie treten wir heute als Christen in der Öffentlichkeit auf? Was ist die christliche Kultur in unserer Gesellschaft? Und welche Konsequenzen für unser Denken und Handeln zieht dieses Fundament nach sich?

Haben Sie Vorgaben von SRF bezüglich Themenwahl, oder sind Sie vollständig frei?

Landtwing: Gedankenfreiheit und Redefreiheit sind in diesem Format gegeben. Es gibt jedoch die publizistischen Leitlinien von SRF, in die ich als Sprecher eingebunden bin. Sobald man sich politischen Themen zuwendet ist es wichtig, dass die Ausgewogenheit beachtet wird. Heikel wird es nur, wenn es in Richtung von Abstimmungen geht, bei denen es Zeitvorgaben gibt, beispielsweise wie nahe am Abstimmungssonntag eine Meinungsäusserung noch erlaubt ist. Aber ich finde, es darf auch durchaus politisch sein.

Gibt es kirchliche Auflagen, die sie einhalten müssen?

Landtwing: Niemand macht mir Auflagen. Insofern geniesse ich die Freiheit als Getaufter und Gefirmter – weiss aber mit der Verantwortung umzugehen, die diese Freiheit mit sich bringt. Selbstverständlich sind mir als römisch-katholischer Theologe die Heilige Schrift der Katechismus und die kirchliche Lehre und sogar das Kirchenrecht bekannt. Ich habe aber auch 54 Jahre Lebenserfahrung. Weder in Partnerschaft oder Familie noch im Beruf können und dürfen Denkfreiheit und Heiliger Geist jemals eingeschränkt werden. Es geht schliesslich um das Leben und darum, dass die Botschaft von Jesus Christus befreiend wirkt. Sie bedeutet sowohl eine «Freiheit von» als auch eine «Freiheit zu». Das versuche ich auch beim Wort zum Sonntag einzubringen.

Arnold Landtwing ist neu beim «Wort zum Sonntag». Bericht über das neue Team der Sprecherinnen und Sprecher auf SRF

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/arnold-landtwing-spricht-ueber-die-befreiende-botschaft-von-jesus-christus/