Gottesdienst auf dem Smartphone – Jugend fragt: Gott, Whats App?

Seewis, 20.5.16 (kath.ch) Gott ist überall. Demnach auch auf Social Media. Oder nicht? Das neue Projekt «Whats App, Gott!» ermöglicht es Jugendlichen, einem Gottesdienst auf dem Smartphone beizuwohnen und Gott auf eine andere Art und Weise zu fragen: «Whats App?»

Francesca Trento

Irgendwo zwischen Landquart (GR) und dem Nirgendwo liegt das Dorf Seewis-Pardisla. Rechts und links ragen Berge aus dem Boden und doch ist die Sicht weit. Eine kleine steinerne Kapelle ruht an der Hauptstrasse, die auch die einzige Strasse des Dorfes zu sein scheint. Im innern des Pfarrhauses starren drei Männer gebannt und abwechselnd auf die Bildschirme der Computer und der Smartphones. Der Whats App Gottesdienst geht in ein paar Minuten los. «Es sind alle 11 on», freut sich Adrian Marbacher, Theologe bei der Fachstelle Jugendseelsorge der katholischen Kirche Zürich. Lars Gschwend, Gemeindekoordinator des Dorfes, fügt hinzu, dass sogar ein Junge krank im Bett liegt und dabei ist. Stefan Ritz, Projektleiter bei der Fachstelle, klatscht in die Hände «Let’s begin». Und los geht «Whats App, Gott!»

Toll, es «schreibt…»

Zuerst ertönt Kirchengeläut. Als Hinweis für die Jugendlichen an der anderen Leitung: Die Messe beginnt. «Ihr seid jetzt an einem gemütlichen Ort. Spüre deinen Atem. Spüre, was du fühlst und wie Gott bei dir ist», erscheint als erstes auf den Smartphones. Ein entspannendes Lied ertönt. Eine meditative Atmosphäre tritt ein. Ein Smartphone vibriert: «Jetzt ist es übermittelt», flüstert Marbacher. «Zünde dir nun ein Kerze an. Vielleicht magst du auch sagen, wo du dich befindest». Ein Bild einer Wiese mit einer Kerze ploppt auf dem Bildschirm von Ritz auf. «Im Bett», «Im Zimmer», «Draussen», schreiben die Jugendlichen.

«Sie schreiben schnell», stellt Marbacher fest. Es vibriert wieder. «Kürzlich war Pfingsten, was geht dir dabei durch den Kopf?» Die grauen Häckchen wechseln auf blau und schon erscheint «schreibt…»: «An Pfingsten kommt der Heilige Geist, nachdem Jesus in den Himmel gefahren ist». Bilder werden geschickt mit der Taube, mit den Aposteln und dem Heiligen Geist, der ihnen Kraft gibt – «Beeindruckend geschult, sind deine Kids, Lars», schmunzelt Marbacher.

«Uns ist während diesem virtuellen Gottesdienst die Interaktion sehr wichtig», erklärt der frühere Jugendseelsorger Ritz. «Diese Jugendliche sind digital nativs, für sie ist das Medium Whats App die Kommunikationsart». Deshalb habe er es innerhalb des Projektes «mypfannenfertig« lanciert». Auf dieser Plattform können Pfarreien verschiedenste Produkte, wie eben auch «Whats App, Gott!» «bestellen».

Adele im Gottesdienst

Die meditative Musik kehrt zurück – dieses Mal ein Lied aus den Charts von Adele. Die Fürbitten sind dran. «Denkt an eure Wünsche, an eure Bitten an Gott in diesem Moment», wird nun bei den Elf zwischen Seewis und Fideris auf dem Handy erscheinen. Pause. «Schreibt…» erscheint wieder auf dem Bildschirm von Ritz. Es wird «gsundhait» und ein «super leba» gewünscht. Nach einem Gebet und einem letzten meditativen Lied bedanken sich die drei Männer im Pfarrhaus und schliessen den Whats App Gottesdienst mit «Amen» ab. 11 «Amen» ploppen nacheinander auf.

Anonymität schafft Nähe

«Wer jetzt noch auf eine Pizza vorbeikommen will, weiss Bescheid», sagt Gschwend, der Religionspädagoge der jungen Teilnehmer. «Wir geben nach einem solchen Gottesdienst die Möglichkeit um sich zu treffen – freiwillig. Beim ersten Versuch in Wallisellen kamen zum Beispiel sehr intime Antworten der Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Dann müssen wir in der Nähe sein um sie bei Bedarf ‘aufzufangen’ «, erklärt Marbacher.

Die Anonymität durch Whats App sei paradoxerweise eine Tür zur Nähe, die man bei persönlichen Gesprächen mit Jugendlichen manchmal nicht erfährt, so der Theologe. «Junge trauen sich mittlerweile oft eher etwas intimes zu erzählen, wenn man sie nicht persönlich sieht».

Schreiben statt sprechen?

Tatsächlich tauchen drei hungrige Jungs auf. Etwas schüchtern gegenüber den unbekannten Zürcher Jugendarbeitern, jedoch ihrem Religionslehrer sehr vertraut. «Ich fand es toll. Mal was anderes als der normale Gottesdienst», sagt Timo. Der andere Junge, Jonas, jedoch zögert: «Mir fehlte dabei das Zusammenkommen, das in der normalen Messe stattfindet». Ob er Vorschläge hätte, fragt ihn sein Religionslehrer. «Man könnte Gruppentreffs an verschiedenen Orten organisieren und dort die Messe auf einem grossen Bildschirm laufen lassen», erklärt Jonas, «dann könnte jemand für alle zurückschreiben».

Marbacher wirft den Vorschlag in die Runde, ob es dann nicht besser wäre, jeder könnte am eigenen Handy schreiben und das erschiene auf dem kollektiven Bildschirm. «Wieso sollten wir nebeneinander sitzen und schreiben? Wir können doch miteinander sprechen», antwortet der Junge verblüffenderweise. Die Leiter können nicht anders als schmunzelnd zu staunen. Digital nativs, sind die Jungen wohl. Doch Kommunizieren können sie ohne Handy ebenso. (ft)

 

 

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