Theologen fordern Transparenz von Glaubenskongregation

Rom, 22.4.16 (kath.ch) Eine Gruppe katholischer Theologen, Bischöfe, Priester und Ordensfrauen fordert die römische Glaubenskongregation zu mehr Transparenz auf. Die älteste und in dogmatischen Fragen höchste vatikanische Kurienbehörde unter der Leitung von Kardinal Gerhard Ludwig Müller solle sich stärker als bisher an den «urchristlichen Werten von Gerechtigkeit, Wahrheit, Integrität und Barmherzigkeit» orientieren, heisst es in einem am Donnerstag, 21. April, veröffentlichten Schreiben. Die Pfarrei-Initiative in der Schweiz plant ähnliche Forderungen.

Die 15 Unterzeichner des aktuellen Schreibens an die römische Glaubenskongregation kommen aus Australien, den USA, Irland oder Spanien und sind nach eigenen Angaben bereits von der Glaubenskongregation gemassregelt worden. Als Begründung für ihr aktuelles Schreiben geben sie an, sie hätten Ende Februar Vorschläge nach Rom geschickt, aber seitdem keine Antwort erhalten.

In ihrem Brief fordern die Theologen die Glaubenskongregation vor allem zu mehr Transparenz in ihren Untersuchungen auf. Unter anderem sollten «anonyme Denunziationen» ignoriert werden. Ausserdem sollten alle, deren Aussagen oder Schriften untersucht werden, erfahren, was ihnen genau vorgeworfen wird und wer die Untersuchungen leitet. Ausserdem dürften nicht dieselben Personen Ankläger, Untersucher und Richter sein, heisst es weiter in dem Schreiben.

Vorwurf: Vatikanbehörde handelt absolutistisch

Die Unterzeichner werfen der Vatikanbehörde vor, sie handle noch zu häufig nach «Rechtsprinzipien, Verfahren und Haltungen des Absolutismus des 16. und 17. Jahrhunderts in Europa». Dies sei das Gegenteil «zeitgemässer Vorstellungen von Menschenrechten, Rechenschaftspflicht und Transparenz, wie sie die Welt von einer christlichen Gemeinschaft erwartet und wie sie auch die katholische Kirche von weltlichen Organisationen einfordert».

Bei ihren Forderungen nach mehr Transparenz und Barmherzigkeit berufen sich die Theologen ausdrücklich auf Aussagen von Papst Franziskus, unter anderem aus seinem jüngsten Schreiben «Amoris laetitia».

Die ranghöchsten Unterzeichner sind zwei ehemalige Bischöfe aus Australien: William Morris hatte 2011 die Leitung des Bistums Toowoomba abgegeben nach einem internen Ermittlungsverfahren eingeleitet, weil er eine Zulassung verheirateter Priester und eine Weihe von Frauen vorgeschlagen hatte. Pat Power hatte 2012 seinen vorzeitigen Rücktritt eingereicht, um als einfacher Priester «desillusionierte» Katholiken zu ermutigen, als «Stimme der Reform» in der Kirche zu bleiben. Zuvor hatte er sich wiederholt für eine offene Debatte über den Pflichtzölibat für Priester ausgesprochen.

Pfarrei-Initiative will auch verbindliche Mitsprachemöglichkeiten der Ortskirchen

Diese Initiative zeige, dass jetzt sei der Moment da sei, um solche Forderungen zu stellen, sagt Willi Anderau, Mediensprecher der Pfarrei-Initiative Schweiz gegenüber kath.ch. Die Pfarrei-Initiative ist nicht Teil dieser Gruppe, die gestern die Glaubenskongregation zu mehr Transparenz aufforderte. Sie plant laut Anderau aber ebenfalls eine Aktion, in der sie bei Bischofswahlen Transparenz und verbindliche Mitsprachemöglichkeiten der Ortskirchen fordern will. Über die Mitsprache der Ortskirchen diskutierte die Pfarrei-Initiative an ihrer letzten Mitgliederversammlung vom 6. April in Zürich. Laut Anderau sind ähnliche Bestrebungen in den Partnerorganisationen der Nachbarländer im Tun. (kna/rp)

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