Öffentlichkeitsarbeit: Medien wünschen sich mutigere Bischöfe

Zürich, 18.4.16 (kath.ch) Zwei reformiert beheimatete Journalisten renommierter Zeitungen, die regelmässig auch über die katholische Kirche berichten, liessen sich in Zürich in die Karten blicken. Zum Happening hatte die Paulus Akademie am Donnerstag, 14. April, von der «Neuen Zürcher Zeitung» Thomas Ribi und von der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» Evelyne Finger eingeladen. Mehr Mut von kirchlichen Würdenträgern und pointierte Aussagen zu gesellschaftlichen Entwicklungen würden dem Bild der Kirche gut tun, meinten diese.

Georges Scherrer

Das Thema des Anlasses lautete «Surfen auf dem Zeitgeist? Zur Rolle der Kirche in der Gesellschaft». Im ersten Gesprächsteil ging es aber vor allem um die Rolle, welche Medien gegenüber der katholischen Kirche einnehmen. Die beiden geladenen Journalisten betreuen für ihre Zeitung jeweils unter anderem die Rubrik Religion, also auch katholische Themen. Das ergebe ganz spannende Sujets, denn «wir leben in einer religionspolitisch aufgeladenen Zeit», meinte Ribi, der sich für eine offene Debatte über Religion aussprach.

Artikel zur Religion würden «überproportional gut» gelesen, erklärte Evelyne Finger. Aus der Sicht der «Zeit»-Mitarbeiterin müssen die Medien «pointiert» zur religiösen Fragen Stellung nehmen. Auch der NZZ-Mann Ribi «reizt die rote Linie ab». Er verzichte jedoch darauf, vernichtende Kritiken zu veröffentlichen. Die Gefahr sei aber gross, dass Journalisten «mit den Wölfen heulen», wenn im Tagesjournalismus ein neues Thema an die Oberfläche finde und die Zeitung den Anschluss an den neuen Hype nicht verlieren wolle. Der Tagesjournalismus sei heute einer «ungeheuren Beschleunigung» ausgesetzt, wenn er im Meer der Konkurrenzmedien nicht untergehen wolle.

«Wenn Kirche nicht mehr Kirche in der Welt sein kann, dann wird es für sie schwierig.»

Als reformiert beheimatete Journalisten sind beide geladenen Medienleute abhängig von guten Informationsstellen, wenn sie etwa über die katholische Kirche schreiben wollen. Auch auf katholischer Seite gebe es kompetente Gesprächspartner, die Journalisten bei der vertiefenden Aufarbeitung von Themen helfen. Es gebe aber auch kirchlich hoch platzierte Personen, die an Zusammenarbeit mangeln lassen – obwohl der Kirche durchaus ein «Wächteramt» in der Gesellschaft  zugestanden werden könne.

Essenzielle Rolle der Kirchen

Mit diesem Wort war der zweite Schwerpunkt in der Podiumsdiskussion gesetzt, zu der die Zürcher Paulus Akademie gemeinsam mit dem Zentrum für Kirchenleitung (ZKE) an der Universität Zürich geladen hatte. Die Kirche dürfe zu gesellschaftlichen Entwicklungen nicht schweigen, sagte Ribi. Sie müsse ihre eigene Stimme erheben und nicht nach dem Mund von Parteien reden.

«Wenn Kirche nicht mehr Kirche in der Welt sein kann, dann wird es für sie schwierig», ergänzte die Zeit-Redaktorin. Als Advocatus Diaboli wirkte an der von Béatrice Acklin geführten Debatte Ralph Kunz, Professor für Praktische Theologie an der Universität Zürich. Aufgrund umstrittener Positionen von Glaubensgemeinschaften müsse dem Staat ein «Wächteramt» über die Kirchen zustehen, meinte er.

Diesem Vorschlag mochten beide Medienvertreter nicht folgen. Evelyne Finger verwies auf die Rolle, welche die Kirchen im Kampf gegen den Staat in der DDR führten. Ohne den Einsatz von Kirchenleuten wäre die Entwicklung bis zum Fall der Mauer vermutlich nicht ohne Blutvergiessen verlaufen. Für Thomas Ribi müssen die Kirchen ihr «Wächteramt» ausüben können, «weil sie vielleicht auch eine unzeitgemässe Perspektive haben». Die Kirchen würden die Gesellschaft an die «Grundfragen» erinnern.

Kirchen schweigen zu viel

Was in der Schweiz aber auf katholischer Seite fehle, seien Personen, die pointiert auftreten und «über welche man sich auch einmal ärgern kann». Organisationen würden über Gesichter erkannt. Bezüglich Personen, «die hinstehen, haben wird in der Schweiz einen gewissen Mangel.» Diesen Mangel machte Ribi ganz besonders auch bei der Schweizer Bischofskonferenz aus.

Sollen die kirchlichen Medien mehr Profil zeigen? So lautete eine Frage an die beiden Journalisten. Diplomatisch antwortete Ribi, dass diese Frage nicht an die Medien gehe. Herausgefordert seien vielmehr alle Religionsverantwortlichen. Die ganze Breite der kirchlichen Arbeit müsse sich nicht davor scheuen, «die Dings so zu benennen, wie sie sind». Die Kirche verfüge zudem über ganz andere Ressourcen als die Sprache. Er verwies auf den kulturellen und spirituellen Schatz, über welchen die Kirchen verfügen und welcher der Öffentlichkeit zugänglich sein müsse. (gs)

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