Katholisches EU-Magazin muss Beiträge zurückziehen

Brüssel/Wien, 24.2.16 (kath.ch) «Europeinfos» ist das in Brüssel erscheinende monatliche Online-Magazin der Kommission der katholischen EU-Bischofskonferenzen (ComECE). Auf Druck der Bischofskonferenzen von Polen und Ungarn mussten die Verantwortlichen zuletzt zwei Artikel zur Lage in den beiden Ländern wieder von der Website nehmen.

Im ersten der beanstandeten Beiträge wurde die polnische Regierungspartei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS) kritisiert, im zweiten setzte sich der Wiener Philosoph und Theologe Hans Schelkshorn kritisch mit der Ideologie der Regierung von Viktor Orban in Ungarn auseinander.

Die Vorfälle sind bisher einzigartig in der Geschichte des katholischen EU-Magazins, das vom ComECE-Sekretariat und dem Europäischen Sozialzentrum der Jesuiten (JESC) herausgegeben wird und EU-Themen aus christlicher Perspektive beleuchtet.

Den Dialog anstossen

Mit der Februar-Ausgabe startete «Europeinfos» eine Serie zu osteuropäischen Ländern. «Ziel der Serie war es, durch Artikel mit pointierten Meinungen einen Dialog anzustossen», erklärte der Jesuitenpater Martin Maier, einer der beiden Chefredakteure, in einem Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur KNA.

In dem Text über Polen drückte der Vorsitzende der polnischen Verlagsgruppe Znak, Henryk Wozniakowski, seine Besorgnis über die seit vergangenem Herbst amtierende Regierung aus. Er sieht den Versuch, die Macht zu zentralisieren, sie von Verfassungsgarantien zu lösen und die Kontrolle über alle öffentlich-rechtlichen Medien zu erlangen. Die polnische Bischofskonferenz forderte daraufhin ComECE-Generalsekretär Patrick Daly in einem offenen Brief auf, den Artikel zurückzuziehen.

«Einmischung in innere Angelegenheiten»

Er betrachte die Veröffentlichung als «Einmischung in die inneren Angelegenheiten von Polen», betonte der Generalsekretär der polnischen Bischofskonferenz, Artur Mizinski, in seinem Brief, der in polnischer wie in englischer Sprache auch auf der Website der polnischen Bischöfe veröffentlicht wurde. «Europeinfos» löschte daraufhin den Artikel und ersetzte ihn auf dem Online-Auftritt des Magazins durch den rot markierten Text: «Auf ausdrücklichen Wunsch der Polnischen Bischofskonferenz hat ‘Europeinfos’ den Artikel von der Website zurückgezogen.»

Im Text über Ungarn setzte sich der Religionsphilosoph Schelkshorn kritisch mit der «Ideologie der Neuen Rechten in Ungarn» auseinander, die seiner Ansicht nach die «rechtsstaatliche, den universalen Menschenrechten verpflichtete Demokratie von innen her bedroht». Schelkshorn hinterfragt darin unter anderem die Präambel der ungarischen Verfassung, in der mit dem «Mythos einer christlichen Nation» argumentiert wird.

Wenige Tage nach der Intervention der polnischen meldete sich dann auch die ungarische Bischofskonferenz bei «Europeinfos» und verlangte die Löschung des ungarn-kritischen Artikels. Auf der Magazin-Website steht nun auch an dieser Stelle der rote Text.

Wiener Theologische Fakultät spricht von Zensur

Konkrete Gründe für ihre Forderung habe auch die ungarische Bischofskonferenz nicht genannt, sagte «Europeinfos»-Chefredakteur Maier der KNA. «Wir hätten Gründe erwartet, warum diese beiden Artikel zurückgezogen werden sollen.» Wenn ein Artikel Fehler enthalte, dann könnten diese richtiggestellt werden. In diesem Fall hätten beide Bischofskonferenzen aber keine konkreten Fehler benannt: «Es ist eine sehr pauschale Abqualifizierung.»

Deutlich schärfer reagiert die Spitze der Katholisch-Theologischen Fakultät in Wien in einer «Stellungnahmen zur Zensur» des Artikels von Schelkshorn. «Falls katholische Bischöfe in Europa der Politik der völkischen Ideologie der Neuen Rechten tatsächlich Rückendeckung geben sollten, würden sie dadurch den universalen Charakter der katholischen Kirche verraten. Dies aber wäre nicht hinzunehmen», heisst, es in der auch vom Vizedekan der Wiener theologischen Fakultät, Jan-Heiner Tück, unterzeichneten Stellungnahme.

«Europeinfos»-Chefredakteur Maier betont jedenfalls, dass die Meinung der Autoren grundsätzlich nicht die Meinung der Herausgeber widerspiegeln müsse. Für den Jesuiten ist klar: «Wenn Artikel zurückgezogen werden müssen, dann wird Dialog abgewürgt – und das halte ich für problematisch.»

Die Serie zu osteuropäischen Ländern soll trotzdem weiterlaufen. Im März sind Artikel zu Tschechien und zur Slowakei geplant. (kap)

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https://www.kath.ch/newsd/aufregung-um-katholisches-eu-magazin-europeinfos/