Goldabbau in Burkina Faso – ein Fluch für die Menschen vor Ort

Bern, 15.2.16 (kath.ch) Dieses Jahr machen die Hilfswerke Fastenopfer und Brot für alle in ihrer Ökumenischen Kampagne vor Ostern Verantwortung und Gerechtigkeit zum Thema. Gleichzeitig werben sie im Rahmen der Kampagne für die im April 2015 lancierte Konzernverantwortungsinitiative. In einer Studie zum Goldabbau in drei Minen in Burkina Faso zeigen sie auf, wie dieser die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort zerstört. Der grösste Teil des dort geförderten Goldes wird in der Schweiz raffiniert, hiess es am Montag, 15. Februar, bei der Präsentation der Studie in Bern.

Barbara Ludwig

Die 44 Seiten starke Untersuchung von Fastenopfer und Brot für alle nimmt den Goldabbau in drei Minen des westafrikanischen Landes unter die Lupe. Sie trägt den Titel «Profit wichtiger als Menschenrechte? Gold aus Burkina Faso und die Verantwortung der Schweiz». Recherchen haben ergeben, dass das Gold aus den staatlich lizenzierten und industriellen Minen Essakane, Bissa und Kalsaka zu 90 Prozent in der Schweiz verarbeitet wird oder wurde, und zwar bei der Firma Metalor am Neuenburgersee.

14’000 Menschen umgesiedelt

Wie die Studie feststellte, hat der Goldabbau grosse Auswirkungen auf die Menschen, die in den betreffenden Regionen leben. Damit die Minenunternehmen Zugang zum goldhaltigen Land erhielten, wurden seit 2009 rund 14’000 Menschen umgesiedelt. Barthélémy Sam, Koordinator des Landesprogrammes von Fastenopfer in Burkina Faso, hat die Dörfer in der Nähe der Minen besucht und mit den Menschen gesprochen. Er sei somit «Zeuge» dessen, was mit ihnen geschehe, sagte der afrikanische Ökonom vor zahlreichen Medienvertretern in Bern.

Sam berichtete von einer verzweifelten Frau, die erleben musste, dass eine Strasse mitten durch ihr Land gebaut wurde. Die Strasse wurde 2014 als Zugang zur Mine Kalsaka gebaut. Wegen des Strassenwalls kommt es bei starkem Regen zu Überschwemmungen in ihren Feldern. Sam erzählte auch von einem Mann, der wegen der gleichen Strasse heute kein Land mehr hat, um seine Familie zu ernähren; die Strasse wurde gegen seinen Widerstand auf seiner Landparzelle gebaut. Der Mann habe sich zuvor geweigert, sein Land für die Mine zu verkaufen. «Das Verkaufen von Land hat bei uns keine Tradition», erklärte Sam. Land werde immer an die Nachkommen weitergegeben.

Zahlreiche Menschenrechte verletzt

Wegen des Goldabbaus verlieren die Menschen nicht nur ihr Land, auch die Wasserversorgung wird schwieriger. Zum Teil ist das Wasser verschmutzt, was zu Krankheiten führt. Die Umsiedlungen tangieren zudem das soziale Gefüge der Dorfgemeinschaften. «Es ist kein gemeinschaftliches Leben mehr möglich. Die neuen Häuser, die als Ersatz zur Verfügung gestellt werden, führen zu Trennungen», sagte Sam. «Kein Land mehr, kein Wasser mehr, keine Gemeinschaft mehr. Der Goldabbau ist wirklich ein Fluch für die Menschen», lautet das Fazit des Fastenopfer-Koordinators.

Die Studie stellt fest, dass durch die Umsiedlungen die Menschenrechte auf Nahrung, Wasser und Arbeit, aber auch das Recht auf eine angemessene Unterkunft sowie Selbstbestimmung und Beteiligung von vielen Betroffenen verletzt werden. Besonders die Frauen seien von den negativen Auswirkungen betroffen.

Kein «Firmen-Bashing»

Miges Baumann, Leiter Entwicklungspolitik bei Brot für alle, sagte in Bern: «Wir wollen kein Firmen-Bashing machen.» Es sei Zufall, dass es nun die Firma Metalor treffe. Ausgangspunkt der Studie sei die Situation in Burkina Faso gewesen. Fastenopfer ist seit 1971 in dem afrikanischen Land tätig und wurde durch Partnerorganisationen auf die Auswirkungen der Goldminen aufmerksam gemacht.

Mit der Studie wollen die Hilfswerke auch aufzeigen, dass weder die schweizerischen Gesetze, noch firmeneigene Richtlinien und brancheninterne Zertifizierungen dazu geeignet sind, Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung zu verhindern, wie Doro Winkler, Fachverantwortliche Menschenrechte und Unternehmen bei Fastenopfer, sagte. Die Schweiz müsse ihre Verantwortung für die Menschenrechte endlich wahrnehmen, «gerade weil sie als attraktiver Wirtschaftsstandort multinationale Konzerne anzieht», so die Co-Autorin der Untersuchung. «Es kann nicht sein, dass unsere Wirtschaft und unser Wohlstand auf der Zerstörung der Lebensgrundlagen der Menschen im Süden basiert.»

Sorgfaltspflicht für Unternehmen einführen

Aus Sicht der Hilfswerke ist klar, welchen Weg die Schweiz gehen muss. Sie unterstützen deshalb die sogenannte Konzernverantwortungsinitiative, an deren Lancierung sie mitbeteiligt waren. Im Zentrum dieser Volksinitiative stehe die Einführung einer Sorgfaltspflicht für Unternehmen, sagte Ständerätin Anne Seydoux-Christe (CVP/JU) in Bern. Die Initiative fordere zudem, dass Unternehmen zur Wiedergutmachung von Schäden verpflichtet sind, die sie verursacht haben.

Die Politikerin, die Mitglied des Stiftungsrates von Fastenopfer ist, begrüsste die Anstrengungen multinationaler Unternehmen, die bereits heute ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. «Es ist jedoch höchste Zeit, auch diejenigen auf den rechten Weg zu bringen, die sich nicht darum kümmern und die ein beträchtliches Reputationsrisiko für unser Land darstellen.» (bal)

Zur Ökumenischen Kampagne 2016 «Verantwortung tragen – Gerechtigkeit stärken»

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https://www.kath.ch/newsd/hilfswerksstudie-goldabbau-in-burkina-faso-ein-fluch-fuer-die-menschen-vor-ort/