Bischofssynode manipuliert? Wirbel um angeblichen Beschwerdebrief von Kardinälen

Rom, 12.10.15 (kath.ch) Ein angeblicher Beschwerdebrief, den dreizehn prominente Kardinäle an Papst Franziskus geschrieben haben sollen, hat zu Beginn der zweiten Woche der Bischofssynode über Ehe und Familie für Aufsehen und Verwirrung gesorgt.

Thomas Jansen

Das brisante Schreiben wurde am Montag, 12. Oktober, auf der Internetseite der italienischen Zeitschrift «L’Espresso» im Wortlaut veröffentlicht. Darin wird der Vorwurf erhoben, die Synode werde manipuliert – und zwar zugunsten reformerischer Kräfte. Laut dem Bericht soll der australische Kurienkardinal George Pell dem Papst den Brief am vergangenen Montag überreicht haben.

Der Vatikan wollte sich zunächst nicht zur Echtheit des Briefs äussern. Da müsse man schon den Papst selbst fragen, liess Sprecher Federico Lombardi am Montag die Journalisten wissen. Es handele sich um ein «vertrauliches» Schreiben, das er nicht kommentieren könne.

«Wir möchten Sie mit allem Respekt bitten, eine Reihe von Sorgen zu berücksichtigen, die wir von anderen Synodenvätern gehört haben, und die wir teilen», heisst es zu Beginn des Schreibens. Der schwerwiegendste Vorwurf kommt dann im vorletzten Absatz des ein DIN-4-Seite umfassenden Schreibens. Eine «Reihe von Synodenteilnehmern» habe den Eindruck, die neue Arbeitsweise der Synode sei erdacht worden, «um vorherbestimmte Ergebnisse in wichtigen kontroversen Fragen zu erleichtern».

Verwirrung gab es um die angeblichen 13 Unterzeichner des Briefs. Laut dem Bericht sollen neben Pell die Kurienkardinäle Gerhard Ludwig Müller als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation und Robert Sarah, Präfekt der Gottesdienstkongregation, sowie die Kardinäle Timothy Dolan aus New York, Angelo Scola aus Mailand, Andre Vingt-Trois aus Paris, Peter Erdö aus Budapest und Wilfrid Fox Napier aus dem südafrikanischen Durban dazu zählen.

Sie werden allesamt dem konservativen Flügel des Kardinalskollegiums zugerechnet. Doch Vingt-Trois, Scola, Erdö und ein weiterer von «L’Espresso» genannter Kardinal, Mauro Piacenza, dementierten bis zum Montagnachmittag. Müllers Autorenschaft ist nicht sicher. Er selbst äusserte sich bislang nicht zu dem Vorgang.

Sandro Magister: Kein unbekannter Name

Veröffentlicht hat den auf Englisch verfassten Brief der Vatikan-Berichterstatter des «L’Espresso», Sandro Magister, in seinem Blog. Magister ist kein unbeschriebenes Blatt. Wenige Tage vor der offiziellen Veröffentlichung der Umweltenzyklika «Laudato si» im Juni, publizierte er eine Vorabversion des päpstlichen Lehrschreibens im Internet, die nur geringfügig von der Endfassung abwich.

Daraufhin entzog ihm das vatikanische Presseamt wegen Embargobruchs die Akkreditierung. In seinem Blog äussert sich Magister stets sehr kritisch über Papst Franziskus und dessen Pontifikat. Kardinal Pell hatte im vergangenen Herbst in Rom während einer Pressekonferenz seine Wertschätzung für Magister geäussert. Er sei einer von zwei Vatikan-Berichterstattern, deren Texte er regelmässig lese. (cic)

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