Bischof Büchel zu Huonders Äusserungen: Nächstenliebe ist Basis für Bibelinterpretation

St. Gallen, 7.8.15 (kath.ch) Die sexuelle Neigung einer Person sei weniger wichtig für deren Wohl als der verantwortungsvolle Umgang mit Sexualität. Dies schreibt Markus Büchel in seiner Funktion als Bischof von St. Gallen in einem Brief vom 7. August an alle Mitarbeitenden in der Seelsorge seines Bistums. Er reagiert damit auf zahlreiche Reaktionen, die ihn in seinen Ferien im Zusammenhang mit den Äusserungen seines Bischofskollegen Vitus Huonder über Homosexualität erreicht hätten.

Für die Förderung des Wohls der Person sei «weniger die hetero- oder homosexuelle Neigung entscheidend als vielmehr der verantwortungsvolle Umgang mit Sexualität», schreibt der St. Galler Bischof, der gleichzeitig Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz ist. Hier dürften katholische Gläubige «auf das Gewissen jedes und jeder Einzelnen vertrauen». Weiterh hält er fest: «Freuen wir uns an jeder Beziehung, in der sich die Partner als gleichwertige, wertvolle, geliebte Kinder Gottes annehmen und die Würde des anderen achten!»

Kirche muss sich historischer Lasten im Umgang mit Homosexualität stellen

Zur Beachtung dieser Würde gehöre auch, «eine Person und ihre Beziehungen nicht auf die Sexualität zu reduzieren». In der Botschaft Jesu stehe die Nächstenliebe im Vordergrund. Solche Grundaussagen seien auch der Schlüssel zur Interpretation von Bibelstellen in die jeweilige Zeit hinein. «Unser heutiges Wissen um die Homosexualität als Anlage und nicht frei gewählte sexuelle Orientierung war zur Zeit der Bibel gar nicht bekannt».

Büchel sieht es als Aufgabe der Kirche, die Menschen auf ihrem Weg zu begleiten, «auf dem sie ihre Sexualität als Geschenk Gottes in ihr Leben und die Gestaltung ihrer Beziehungen integrieren können». Die Kirche müsse sich der historischen Lasten im Umgang mit Homosexualität bewusst stellen «und eine neue menschen- und sachgerechte Sprache finden».

Stellungnahme aus Chur nächste Woche

Das Bistum Chur nimmt zum Schreiben von Markus Büchel nicht Stellung, da es sich dabei nicht um eine Kommentierung des Vortrags von Bischof Huonder handle, wie Bistumssprecher Giuseppe Gracia am 8. August auf Anfrage von kath.ch mitteilte. Das weitere Vorgehen und die öffentliche Kommuniktion im Zusammenhang mit dem Vortrag von Bischof Huonder werde derzeit bistumsintern besprochen, so Gracia. Bischof Vitus Huonder werde kommende Woche eine zweite Stellungnahme abgeben, «um auf die inzwischen geäusserten wesentlichen Kritikpunkte genauer einzugehen.» (sys)

 

Der Brief im Wortlaut.

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