Tessin: Bund erlaubt erstem Einkaufszentrum Sonntagsarbeit

Bern, 23.7.15 (kath.ch) Am 1. August tritt eine Verordnung in Kraft, derzufolge Einkaufszentren am Sonntag unter gewissen Bedingungen geöffnet sein dürfen, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) in einer Mitteilung schreibt. Als erstes Einkaufszentrum darf das Outlet-Center «Foxtown Factory Stores» in Mendrisio TI sonntags offen sein. Die Sonntagsallianz, zu der auch kirchliche Organisationen gehören, hatte vor einem Jahr vergeblich gegen diese Lockerung des Arbeitsgesetzes opponiert.

Ab 1. August dürfe das Tessiner Outlet-Center sonntags geöffnet sein, wie Fabian Maienfisch, Sprecher des Seco, auf Anfrage von kath.ch bestätigte. «Die neue Departementsverordnung wird in diesem konkreten Fall eine Grundlage für die Beschäftigung von Personal am Sonntag bilden.» Das Tessiner Outlet-Center sei auch bisher an Sonntagen geöffnet gewesen, was durch die Verordnung nun in einen rechtlichen Rahmen gebracht worden sei, so Maienfisch. Die «Foxtown Factory Stores» seien bislang das erste Einkaufscenter, das einen Antrag auf Aufnahme in die Verordnung gestellt habe. Ein Antrag aus Landquart GR, wo das Bundesgericht die Sonntagsarbeit eines Outlet-Geschäfts als unzulässig beurteilt hatte, liegt laut Maienfisch bislang nicht vor.

Einkaufszentren, die in dieser Verordnung aufgeführt sind, können «während des ganzen Jahres am Sonntag ohne Bewilligung Arbeitnehmende beschäftigen», so die Mitteilung weiter. Unter die Regelung fallen nur Einkaufszentren, nicht einzelne Geschäfte. Um ihre Angestellten sonntags ohne Bewilligung beschäftigen zu können, müssen die Einkaufszentren folgende Kriterien erfüllen:

Das Warenangebot muss auf den internationalen Fremdenverkehr ausgerichtet sein und eine Mehrheit der Geschäfte muss überwiegend Luxusartikel verkaufen. Der Umsatz muss zu einem wesentlichen Teil mit internationaler Kundschaft erwirtschaftet werden. Das Einkaufszentrum muss in einem Fremdenverkehrsgebiet liegen oder maximal 15 Kilometer von der Grenze entfernt, zudem in unmittelbarer Nähe zu einem Bahnhof oder Autobahnanschluss. Die betroffenen Angestellten sollen für die Sonntagsarbeit Kompensationen erhalten, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.

Sonntagsallianz bekämpfte Lockerung des Arbeitsgesetzes

Die Verordnung geht auf eine Motion von Nationalrat Fabio Abate zurück, wie Maienfisch auf Anfrage von kath.ch bestätigte. Im Februar 2014 hatte sich die Sonntagsallianz, ein Zusammenschluss von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Parteien, die sich für den Erhalt der Sonntagsruhe einsetzt, ablehnend zu dieser Motion geäussert. Die Allianz beteiligte sich damals unaufgefordert an der Vernehmlassung zum Verordnungsentwurf des Seco.

In ihrer Stellungnahme erinnerte sie daran, dass die Gesellschaft einen gemeinsamen Ruhetag benötige. Zudem respektiere die Motion Abate übergeordnetes Recht nicht, da sie eine neue Definition von Tourismus einführe, die im Arbeitsrecht nicht vorgesehen sei. Die Sonntagsallianz stützte sich dabei auf ein Gutachten von Professoren der Universität Neuenburg ab. Auf diesen Vorwurf angesprochen, entgegnet Maienfisch gegenüber kath.ch: «Die durch den Bundesrat verabschiedete Verordnung zum Arbeitsrecht bildet jetzt die Grundlage für die Definition, was Tourismus im Sinne von internationalem Fremdenverkehr bedeutet, damit der Betrieb eines Einkaufszentrums in Fremdenverkehrsgebieten erlaubt ist.»

Der Allianz gehören unter anderem die Schweizerische Nationalkommission Justitia et Pax der Schweizer Bischofskonferenz, der Schweizerische Evangelische Kirchenbund, der Schweizerische Katholische Frauenbund sowie die Katholische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbewegung Schweiz an. Die Sonntagsallianz hatte sich 2013 vergeblich gegen eine Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops engagiert, welche mit 55,8 Prozent Ja-Stimmen angenommen wurde. Für eine Stellungnahme seitens der Sonntagsallianz zum Inkrafttreten der Verordnung per 1. August war niemand erreichbar. (sys)

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