Tschechien: Theologe Halik kritisiert Kirchen-Appell für christliche Flüchtlinge

Prag, 21.7.15 (kath.ch) Der Prager Theologe und Soziologe Tomas Halik (67) hat die katholische Bischofskonferenz seines Landes für einen Aufruf kritisiert, vor allem christliche Flüchtlinge aus Bürgerkriegsländern aufzunehmen. «Jesus Christus hätte einen solchen Aufruf sicher nicht unterzeichnet», sagte Halik am Montagabend, 20. Juli, im tschechischen Fernsehen. Sich nur um Christen sorgen zu wollen, sei «nicht christlich».

Der Erzbischof von Olomouc (Olmütz), Jan Graubner, hatte in Zusammenhang mit dem Appell gesagt, eine «uferlose Aufnahme von Menschen anderer Kulturen» würde «das Ende der bisherigen Kultur bedeuten».

Halik warf der tschechischen Politik Unfähigkeit in der Bewältigung der Flüchtlingskrise vor. Die Regierung sei überfordert, fürchte Proteste der Bevölkerung und reagiere deshalb populistisch. «Weit mehr als vor Flüchtlingen fürchte ich mich vor den fremdenfeindlichen Protesten», so der Geistliche und international mehrfach ausgezeichnete Theologe.

«Emotionen müssen zur Seite treten»

Halik sagte, er verstehe die Ängste der Menschen. «Aber diese Probleme muss man im Dialog lösen. Die Emotionen und vor allem die Angst müssen zur Seite treten. Es ist immer schlecht, wenn Angst menschliches Handeln steuert. Das ist in Tschechien unser grösstes Problem.»

Die tschechische Regierung hatte eine von der EU-Kommission angeregte Quotenregelung für die Aufnahme von Flüchtlingen abgelehnt und will dafür in den kommenden drei Jahren freiwillig und einmalig 1.500 Flüchtlinge aufnehmen. Diese sollen in ihren Herkunftsländern beziehungsweise in Flüchtlingslagern von Verantwortlichen aus Prag «ausgesucht» werden. Daran wollen sich auch kirchliche Organisationen beteiligen. (kna)

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