Kurt Lanz von Economiesuisse zur Papst-Enzyklika: Kirche soll positiv agieren

Zürich, 22.6.15 (kath.ch) Die in der Umweltenzyklika «Laudato si» am Umgang mit der Umwelt geäusserte Kritik ist sicher statthaft, auch wenn weltweit die Armut gesenkt wurde, sagt Kurt Lanz, Mitglied der Geschäftsleitung des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse, am Montag, 22. Juni, gegenüber kath.ch. Die Kirche soll jedoch auch unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Zusammenhänge gute ökonomische Beispiele aufzeigen und andere Staaten zum Nachahmen motivieren.

Lanz ist beim Verband verantwortlich für das Dossier zur Eidgenössischen Volksinitiative «Grüne Wirtschaft». Die Initiative der «Grünen» wird aktuell im Parlament behandelt.

Georges Scherrer

An der weltweiten ökologischen und sozialen Krise ist ein «kleiner Teil der Weltbevölkerung» schuld, nämlich der Westen, schreibt der Papst in seiner neuen Umweltenzyklika. Teilen Sie diese Auffassung?

Kurt Lanz: Für uns steht nicht die Schuldfrage, sondern die Lösungssuche im Vordergrund. Das Hauptanliegen der internationalen Wirtschaftspolitik liegt nicht nur in den Herausforderungen im Umwelt- und Klimabereich, sondern vor allem auch in der Bekämpfung von Armut und Korruption. Dabei ist zu beachten, dass es auf der Welt noch nie so viele Menschen wie heute gab und dass der Anteil in Armut lebender Menschen laufend gesenkt werden konnte. Heute leben etwa 700 Millionen Menschen weniger in extremer Armut als 1990. Dazu beigetragen hat vor allem die positive Wirtschaftsentwicklung in Südostasien und China sowie der technologische Fortschritt in der Medizin oder in der Nahrungsmittelproduktion. Aber mit steigendem Wohlstand und einer rasant wachsenden Weltbevölkerung nehmen natürlich auch die Herausforderungen im Umwelt- und Klimabereich zu.

Kritisiert werden in der Enzyklika die Industriestaaten. Ist die Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus wirtschaftsfeindlich?

Lanz: Die Enzyklika soll zu einem bewussten Umgang mit der Umwelt beitragen. Dazu darf sie auch Kritik beinhalten. Ziel muss die Entkoppelung von Wohlstandswachstum und Umweltbelastung sein. Die Industriestaaten sind in diesem Prozess bereits weiter und fortschrittlichen Volkswirtschaften – wie derjenigen der Schweiz – gelingt es immer besser, diese Entkoppelung zu erreichen. Kritik alleine genügt nicht. Vielmehr sollen auch gute Beispiele aufgezeigt und andere Staaten zum Nachahmen motiviert werden.

Economiesuisse bekämpft die Eidgenössische Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft» (Grüne Wirtschaft). Erhält die politische Vorlage der Grünen durch die Enzyklika Unterstützung?

Lanz: Die Enzyklika des Papstes wird sicher zu einer weiteren Sensibilisierung für Umweltanliegen beitragen. Einen direkten Zusammenhang zur Volksinitiative der Grünen sehen wir aber nicht. Im Fokus der Initiative stehen nicht Umweltverschmutzung und Klimawandel, sondern eine staatliche Ressourcenregulierung.

Sollen sich Ihrer Ansicht nach die Kirchen aus den Umwelt-Debatten heraus halten?

Lanz: Ein bewusster Umgang mit der Umwelt kann durchaus auch religiös motiviert sein. Bei der Lösungssuche stehen aber die Politik und Wirtschaft im Vordergrund.

Wie sollen sich gläubige, in der Wirtschaft engagierte Katholiken oder Reformierte zur Enzyklika verhalten?

Lanz: Sie sollen die Anregungen des Papstes als wertvolle Impulse aufnehmen, sich selber Gedanken über ihr Verhalten machen und in ihrem Alltag nach kleinen Verbesserungen suchen, um selber einen Beitrag zu den grossen Herausforderungen im Umwelt- und Klimabereich zu leisten. Auch im Wirtschaftsalltag sind solche Verbesserungen gesucht. Gleichzeitig sind aber auch die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu respektieren. Eine starke und gesunde Wirtschaft schafft die Basis für Wohlstand und das Wohlergehen einer Gesellschaft. (gs)

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Interview mit Nationalrätin Regula Rytz, Grüne, zur Umweltenzyklila

 

 

 

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