Uraufführung «Missa Mai»: Von schrägen Vögeln und einem dynamischen Gott

Luzern, 1.5.15 (kath.ch) Schräge Vögel, Verliebte und Bettler – die «Missa Mai» ist ein musikalisches Werk in moderner Sprache, gedacht für Kommunionfeiern. Die Luzerner Theologin und Autorin Jacqueline Keune hat dafür den Text verfasst, die Musik stammt von Wolfgang Sieber. Die Missa Mai wird am 2. Mai in Luzern uraufgeführt. kath.ch hat die Autorin zu dem Werk befragt.

Sylvia Stam

Die Missa Mai ist ein musikalisches Werk für Kommunionfeiern, also für Gottesdienste ohne Eucharisiefeier. Eine Folge des Priestermangels?

Jacqueline Keune: Ja. Aber der Priestermangel ist nicht das Vorzeichen, das vor der Missa Mai steht. Es geht vielmehr um etwas unerhörtere Töne und «unverbrauchtere» Worte.

Was meinen Sie damit?   

Keune: Es ist ein Wunsch, dass die Menschen hinhören und sich nicht verschliessen, weil sie das alles schon sattsam kennen und es sie darum nicht mehr erreichen, geschweige denn berühren kann.

Was unterscheidet die Missa Mai von einer herkömmlichen Messe?

Keune: Von der Form her nicht viel: Es gibt ähnlich wie bei einer wirklichen Messe einen Auftakt, eine Besinnung, ein Bekenntnis, eine Einladung zum Teilen des Brotes, einen Segen … Die alte Form ist keine schlechte Form, denn sie ist durchaus sinnvoll.

Und wie ist es mit dem Inhalt?

Keune: Ich wollte sagen, was mir theologisch wichtig ist: Die Erinnerung an die Verheissung des Reichs Gottes, der Traum von einer solidarischen Gemeinschaft und einer gerechten Welt, das Bild eines Gottes, den wir durch andere als Atem oder Nähe oder Befreiung erfahren können. Die Messe richtet sich besonders an Menschen, die noch Sehnsucht spüren und Träume haben.

Heutige Menschen haben oft Mühe mit kirchlicher Sprache. Ausdrücke wie «Lamm Gottes» oder «Hosanna» sind ihnen fremd. Wie sind Sie damit umgegangen?

Keune: Die Sprache der Lieder orientiert sich nicht zuerst an Wahrheit, sondern an Erfahrung, nicht an einem dogmatischen, sondern einem dynamischen Gott, der mit uns mitgeht, besonders mit den Armen.

Wie zeigt sich ein solcher Gott konkret im Text?    

Keune: Indem Gott für mich kein Bild und kein Begriff ist, sondern Bewegung. Im «Credo» heisst es zum Beispiel: «Du bist die Liebe, in der alles gründet, in die alles mündet. Die das Flüstern in die Erde legt, die mit durchs Feuer geht und von mir nicht lässt.»

Welche Funktion hat die «Missa Mai» innerhalb der Kommunionfeier?

Keune: Die Lieder sind ein Teil der Feier. Worte können auch ans Herz greifen, aber Musik kann das vielleicht noch mehr. Die wahrhaftigsten Gottesdienste sind für mich die, die mich als ganzen Menschen bewegen.

Warum heisst die Missa dennoch so, wenn sie keine Messe ist?

Keune: Das ist ein Widerspruch, ich weiss, vielleicht ist es auch ein Fehler. Die Lieder werden das erste Mal im Mai in der Pfarrei Maihof gesungen und plötzlich lag das einfach auf dem Tisch, Missa Mai, und dort ist es liegen geblieben … (sys)

Das Interview wurde schriftlich geführt.

Missa Mai, Uraufführung am 2. Mai, 18 Uhr, Kirchensaal Maihof, Luzern, im Rahmen des Kirchenklangfestivals «Cantars». (Musik: Wolfgang Sieber, Text: Jacqueline Keune, Idee: Alois Metz)

Programm zu Cantars am 2. Mai in Luzern.

 

 

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