EU-Parlament: Türkei muss Genozid an Armeniern anerkennen

Brüssel, 16.5.15 (kath.ch) Das EU-Parlament hat von der Türkei die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern gefordert. Die Türkei müsse sich mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, damit der «Weg für eine wirkliche Aussöhnung der Türken und der Armenier» geebnet werde, heisst es in einer am Mittwoch. 15. April, in Brüssel angenommenen Resolution. Die Erklärung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und des Premiers Ahmet Davutoglu, in der sie den Armeniern ihr Beileid bekunden, sei ein «Schritt in die richtige Richtung» die Gräueltraten anzuerkennen. Dazu gehöre auch die geschichtliche Aufarbeitung der Geschehnisse.

Die Parlamentarier erinnern mit der Resolution an den 100. Jahrestag der Massaker an den Armeniern während des Ersten Weltkriegs, der am 24. April 2015 begangen wird. In dem Dokument mahnen die Parlamentarier die Türkei, sich den internationalen Beschlüssen und Verträgen, insbesondere zur Achtung der Menschenrechte, aber auch der eingegangenen Verpflichtung zu einer objektiven Aufarbeitung der Geschichte bewusst zu sein. Die Türkei müsse das kulturelle Erbe der Armenier auf ihrem Hoheitsgebiet uneingeschränkt schützen.

Parlament schlägt europäischen Gedenktag vor

Die Resolution fordert die türkische Regierung auf, ein Verzeichnis über vernichtete und zerstörte Kulturgüter zu erstellen. Das EU-Parlament schlägt zudem vor, einen europäischen Tag zum Gedenken an den Völkermord einzuführen.

Die Resolution war auf Anregung des aussenpolitischen Ausschusses nach einem Türkei-Besuch im März dieses Jahres entstanden. Bereits in einer Entschliessung vom 18. Juni 1987 hatte das EU-Parlament erklärt, die Verfolgung und Ermordung an den Armeniern stelle einen Völkermord im Sinne der sogenannten «Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermord» dar.

Parteiübergreifend sprachen sich die EU-Parlamentarier in der Debatte für eine Anerkennung des Genozids aus. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (EVP), sagte, es sei wichtig für die Identität der Armenier, dass der «Mord an ihren Vorgängern auch als Mord bezeichnet werden kann».

Papst spricht vom «ersten Genozid des 20. Jahrhunderts»

Papst Franziskus hatte die systematische Verfolgung der Armenier im damaligen Osmanischen Reich am vergangenen Sonntag während einer Gedenkmesse im Petersdom als «ersten Genozid des 20. Jahrhunderts» bezeichnet und damit scharfen Protest der türkischen Regierung und Öffentlichkeit hervorgerufen. Die Türkei erkennt das Vorgehen gegen die Armenier bis heute nicht als Völkermord an und wehrt sich gegen die Verwendung des Begriffs.

Die Schweiz hat sich bislang noch nicht zu einer einheitlichen Meinung durchringen können: Der Nationalrat hat im Jahre 2003 den Völkermord an den Armeniern anerkannt: Der Bundesrat hat sich laut der Informationsplattform «human rights» immer geweigert, dasselbe offiziell zu tun. (kna)

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