Konfessionslose in Ostdeutschland entdecken den Glauben

Berlin, 4.4.15 (kath.ch) Konfessionslose in Ostdeutschland haben offenbar ein grösseres Interesse an theologischen Gesprächen und religiösen Sinnfragen als bisher vermutet. Dies zeigt eine Studie der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), über die die «Welt» berichtet.

Laut der Studie, die auch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), der Partneragentur von kath.ch, vorliegt und für die Erfahrungsberichte aus mehreren hundert Glaubenskursen evangelischer Gemeinden in Ostdeutschland ausgewertet wurden, haben gerade konfessionslose Teilnehmer solcher Erwachsenenkurse ein grosses Bedürfnis nach «Vermittlung von Wissen» über das Christentum sowie der Erfahrung von «Relevanz des Glaubens für den Alltag».

Glaube als Kraft für den Alltag erleben

Wie die Autorin, die Erfurter Pfarrerin Dorothee Land, schreibt, sei es für Konfessionslose «eine unglaubliche Entdeckung», dass «Glaube als Kraft» erlebt werden könne, «die ganz unmittelbar hilft, den Lebensalltag und Lebenskrisen zu bewältigen». 2009 hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste beim Diakonischen Werk der EKD (AMD) das bundesweite Projekt «Erwachsen Glauben» gestartet, das Gemeinden Material für Glaubenskurse zur Verfügung stellt.

2012 hatte die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche in Deutschland (VELKD) dann die mit Dorothee Land besetzte Projektstelle «Glaubenskurse Ost» mit Sitz in Neudietendorf bei Erfurt geschaffen, um die zahlreichen Glaubenskurse in Ostdeutschland auszuwerten. Sie veröffentlichte nun die Studie, ein so genanntes Werkbuch mit der Überschrift «Lasst uns drüber reden – Glaubenskurse im Osten Deutschlands».

Im Vorwort dazu betont der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der evangelischen Nordkirche, Andreas von Maltzahn, dass Glaubens- und Taufkurse schon seit Jahrzehnten eine wertvolle Form der Gemeindearbeit seien. Ein in den letzten Jahren gestartetes «Projekt Glaubenskurse Ost» habe reiche Frucht getragen. «Immer mehr Gemeinden begreifen: So, wie wir selbstverständlich Konfirmanden begleiten, brauchen auch Erwachsene Angebote, in denen sie den Glauben kennenlernen beziehungsweise vertiefen können.»

Kirche muss sich auf «rationale Prägung» der Menschen einlassen

Wie Studienautorin Land gegenüber der «Welt» sagte, zeigen «alle Erfahrungen» mit solchen Kursen, «dass Distanzierte und Konfessionslose sehr schnell grundsätzliche und private Erfahrungen ansprechen, sobald sie einen Vertrauensraum vorfinden, in dem sie anerkannt werden». Sobald «reale Probleme der Familie angesprochen und Grundfragen des Lebens thematisiert werden», öffnen sich «die Leute ganz schnell und erzählen, was ihnen durch den Kopf geht oder widerfahren ist».

Daraus leitet die Autorin der Untersuchung ab: «Leute schätzen es, wenn Kirche mit Inhalten, Ritualen und Symbolen erkennbar auftritt, und das nutzen sie als Anlässe für Gespräche, bei denen wir sie dann aber tatsächlich ernst nehmen müssen.» Hierzu gehöre auch, «dass man sich auf die rationale Prägung vieler Menschen einlassen muss». Die Menschen in Ostdeutschland hätten «in der DDR und nach der Wende ein Denken erlernt, das ihnen als wissenschaftlich erscheint, und das kann man nicht einfach zurückweisen. Nicht Bekehrung, nicht Mitgliederwerbung, sondern der Dialog ist die erste Aufgabe.» (kna)

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https://www.kath.ch/newsd/konfessionslose-in-ostdeutschland-entdecken-den-glauben/