Stelldichein für Traditionalisten – Chrisam-Messe mit Erzbischof Haas

Vaduz/Freiburg i.Ü., 31.3.15 (kath.ch) Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz, feiert die Chrisam-Messe am Donnerstag, 2. April, erneut im alten Ritus und zusammen mit der Priesterbruderschaft St. Petrus. Er wolle «bis auf weiteres» die Chrisam-Messe «gemäss dem Missale Romanum 1962 und dem diesbezüglichen Pontificale Romanum» zelebrieren, schreibt Haas in der Einladung an die Priester des Erzbistums. «Was in Vaduz geschieht, ist ein schwerer Schaden an der Einheit der Kirche», sagte der Freiburger Liturgiewissenschaftler Martin Klöckener auf Anfrage gegenüber kath.ch. Vom Erzbistum war am Dienstagnachmittag keine Stellungnahme erhältlich.

Barbara Ludwig

Bereits 2013 und 2014 feierte Haas, einst Bischof von Chur, die Chrisam-Messe in der Form, die bis zur Liturgieerneuerung durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) gültig war. In dem lateinischsprachigen Gottesdienst wirken erneut Mitglieder der traditionalistischen Priesterbruderschaft St. Petrus als Zeremoniare, Ministranten und Sänger mit. Zudem sind laut Haas zwölf Priester, sieben Diakone und sieben Subdiakone für die Ölweihe vorgesehen. Ganz ohne einheimischen Klerus geht es aber doch nicht: Für die Ausübung der weiteren liturgischen Dienste brauche es «einige bereitwillige Priester aus unserem Presbyterium», heisst es in der Einladung vom 4. Februar, die kath.ch vorliegt.

Die vom Bischof praktizierte Form der Chrisam-Messe wurde durch die Reform des Römischen Messbuchs (1969/70) und der Ölweihen (1970) abgeschafft, wie Klöckener, Professor am Institut für Liturgiewissenschaft der Universität Freiburg (Schweiz), gegenüber kath.ch sagte. «Mir ist keine Verlautbarung des Apostolischen Stuhls oder ein entsprechendes Indult bekannt, das es Erzbischof Haas erlauben würde, heute auf diese Form des römischen Ritus zurückzukommen. Aus meiner Sicht widerspricht er in einem zentralen Punkt der kirchlichen Ordnung der Liturgie.»

Benedikt XVI. lieferte keine Grundlage für Praxis von Haas

Papst Benedikt XVI. hatte 2007 den alten (tridentinischen) Ritus mit dem päpstlichen Erlass «Summorum Pontificum» zugelassen. Aus Sicht von Klöckener kann sich Haas jedoch nicht darauf abstützen. Denn dieser Erlass sieht die alte Form der römischen Liturgie als «ausserordentliche Form» neben der «ordentlichen Form» vor: «Das setzt auf jeden Fall die Existenz der ordentlichen Form als der Normalform voraus», so Klöckener. Bei einer liturgischen Feier ganz besonderer Art, wie sie die einmal im Jahr gefeierte Chrisam-Messe darstellt, könne es «von der Sache her «aber keine solche «Koexistenz von ‘ordentlicher’ und ‘ausserordentlicher Form'» des römischen Ritus geben.

Der Liturgiewissenschaftler erinnert weiter daran, dass Benedikt XVI. den alten Ritus nicht für die Feiern des sogenannten Österlichen Triduums erlaubte hatte: Die Abendmahlsmesse am Gründonnerstag und die Gottesdienste an Karfreitag, Karsamstag und Ostersonntag dürfen somit nicht im tridentinischen Ritus gefeiert werden. «Sinngemäss» dürfe man das Verbot «wohl auch auf die Chrisam-Messe als einen weiteren zentralen Gottesdienst in diesem Ritenkreis anwenden», urteilt Klöckener, weil auch sie im selben österlichen Kontext stehe.

«Was in Vaduz geschieht, ist ein schwerer Schaden an der Einheit der Kirche, die gerade in den Kernzeiten des Kirchenjahres gelebt und in der Liturgie bezeugt wird. Dieser Riss wird auf höchster bischöflicher Ebene bewusst herbeigeführt», kritisiert der Liturgiker. In der Feier der Chrisam-Messe soll sich in besonderer Weise die Einheit der ganzen Diözese verwirklichen. Werde sie auf der Grundlage der liturgischen Bücher von 1962 gefeiert, werde jedoch eher eine «Spaltung» in der Diözese und unter den Priestern herbeigeführt, «als dass die Einheit des Bischofs mit seinen Priestern und dem ganzen Gottesvolk gelebt und je neu verwirklicht wird».

Haas frönt «persönlichen Vorlieben»

Am Gründonnerstag wird in der Kathedrale von Vaduz eine einzige Person kommunizieren: Erzbischof Haas. «Es findet keine Konzelebration statt, und es wird auch keine Kommunion ausgeteilt», heisst es in der Einladung. Mit dem Verzicht auf die Konzelebration bewegt sich Haas im Rahmen der vorkonziliaren Ordnung, sagte Klöckener.

Der Liturgiewissenschaftler kritisiert insbesondere den Ausschluss der Gläubigen von der Kommunion. Hier liege ein «bedeutendes eucharistietheologisches Defizit» vor. Zudem verstosse Haas mit dieser Praxis gegen das Kirchenrecht. Falls die Messe tatsächlich in der angekündigten Form gefeiert wird, zeigt sich darin gemäss Klöckener eine Kirche, «die die berechtigten Belange des Gottesvolkes missachtet». Der Bischof gebe offensichtlich seinen «persönlichen Vorlieben» und möglicherweise den «Partikularinteressen einer Sondergruppe» höheres Gewicht als der Teilkirche, für die er die Verantwortung trägt.

Erzbischof gegen «Einheit mit Bischof von Rom»

Zwar habe sich Papst Franziskus bislang nicht ausführlich zu den Problemen der Koexistenz zweier Formen des römischen Ritus geäussert, die sein Vorgänger eingeführt hatte, sagte Klöckener. Aber er habe mehrfach durch starke symbolische Akte im Zusammenhang der Liturgie seine «grundsätzliche Orientierung» verdeutlicht. So habe der Papst unlängst durch die Erinnerung an die ersten Eucharistiefeiern in der Volkssprache vor 50 Jahren den «grundsätzlich richtigen Weg des Konzils und der Liturgiereform» zum Ausdruck gebracht. Weil Haas in wichtigen Punkten der geltenden Ordnung der Kirche widerspricht, stelle er sich «gewissermassen auch gegen die Einheit mit dem Bischof von Rom», folgerte Klöckener. (bal)

 

 

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