Frankreich: Religionsvertreter warnen vor neuem Sterbehilfegesetz

Paris, 10.3.2015 (kath.ch) Führende Religionsvertreter in Frankreich haben sich gegen Neuerungen im Sterbehilfegesetz des Landes gewandt. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung rufen die Repräsentanten der drei monotheistischen Religionen Frankreichs zu Widerstand gegen eine dauerhafte Sedierung von Patienten am Lebensende auf. Sie äusserten sich damit gegen einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe, der am Dienstag in der Nationalversammlung beraten wird.

Als entscheidende Neuerung gilt die Einführung eines Rechts auf «kontinuierliche tiefe Sedierung» bis zum Tod. Gemeint ist insbesondere die Beschleunigung des Sterbens durch ein das Zentralnervensystem dämpfendes Beruhigungsmittel.

Die Religionsführer warnen mit Blick auf die mögliche Neuregelung vor einem Missbrauch der sogenannten Sedierung. Zwar könne aus medizinischer Sicht die Notwendigkeit bestehen, einen schwer kranken Patienten zu sedieren. Allerdings bestehe die Gefahr, dass eine entsprechende Behandlung nicht zur Entlastung des Patienten angewandt werde, sondern um seinen Tod herbeizuführen.

Die Religionsrepräsentanten rufen dazu auf, Menschen am Ende ihres Lebens umfassend zu begleiten. Sie fordern eine breite Debatte über die geltenden gesellschaftlichen Werte.

Unterzeichner der Erklärung sind der Primas von Frankreich Kardinal Philippe Barbarin, der Präsident des Evangelischen Bundes in Frankreich, Francois Clavairoly, Metropolit Emmanuel von Frankreich, Oberrabbiner Haim Korsia und der Vorsitzende der Vereinigungen der Moscheen Frankreichs, Mohammed Moussaoui.

Menschliche Sterbebegleitung gefordert

Unterdessen unterstrich auch die Französische Bischofskonferenz erneut die Bedeutung von Menschlichkeit in der Medizin. Bei der Begleitung von Menschen am Lebensende müssten Menschlichkeit und Brüderlichkeit im Vordergrund stehen, heisst es in einer ebenfalls am Montag veröffentlichten Erklärung.

Bislang gilt in Frankreich das sogenannte Leonetti-Gesetz von 2005. Es ist benannt nach dem Abgeordneten Jean Leonetti und gestattet einen Verzicht auf lebenserhaltende Massnahmen. Voraussetzung ist, dass der Patient selbst das ausdrücklich wünscht oder Angehörige an seiner statt einen Behandlungsabbruch verlangen. Aktive Sterbehilfe ist in Frankreich bislang verboten. Ein Arzt, der Beihilfe zur Selbsttötung leistet, muss mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen.

Im Dezember stellte die «Kommission über das Ende des Lebens» einen Gesetzentwurf zur Euthanasie-Regelung in Frankreich vor. Der Entwurf schliesst nach Angaben französischer Medien eine Beihilfe zur Selbsttötung aus; Sterbewilligen dürften keine tödlichen Medikamente ausgehändigt werden. Zudem sind darin eine verbindliche Patientenverfügung sowie eine Fortentwicklung der Palliativmedizin vorgesehen. (kap/kna)

 

 

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