Grichting bei Giacobbo/Müller: Gut gebrüllt, Löwe!

Zürich/Chur, 9.3.15 (kath.ch) Die Exponenten des Bistums Chur wagen sich nun doch ins Schweizer Fernsehen SRF. Nach der Absage an den «Club» sprach Bistumssprecher Giuseppe Gracia letzte Woche in der «Arena», und am gestrigen Sonntag (8. März) war Generalvikar Martin Grichting in der Satire-Sendung «Giacobbo/Müller» zu Gast. Mit einer Portion Selbstironie zeigte sich der potenzielle Nachfolger von Vitus Huonder, wie Viktor Giacobbo ihn ansprach,  als schlagfertiger Gesprächspartner.

Fernsehkritik zu Giacobbo/Müller im Schweizer Fernsehen von 8. März

Sylvia Stam

Es fing schon mit seiner Präsentation an: Als «Underdog» von Vitus Huonder bezeichnete sich Martin Grichting in der Sendung. Der Bischof sei der «good cop» (der gute Kerl) und sein Stellvertreter, der Generalvikar, sozusagen der «bad cop» (der böse Kerl). Im Falle des Bistums Chur liege die Sache allerdings etwas komplizierter: Vitus Huonder gelte wegen seiner konservativen Haltung in breiten Kreisen als der «bad cop», also sei er, Grichting, der «very bad cop».

Giacobbos Versuch, dem Churer Bistumsvertreter eine Antwort auf das medial brisante Thema der Segnung homosexueller Paare zu entlocken, gelang leider nur ansatzweise. «Was ist denn das Problem, wenn ein Priester, sagen wir mal ganz hypothetisch, zwei Lesben segnen würde?», lautete Giacobbos Frage. Grichting stellte fest, dass zwar in der Gesellschaft als Familie gelte, wer aus dem gleichen Kühlschrank esse, dass der Kern der Familie jedoch nach christlicher Sicht aus Mann und Frau bestehe, denn nur daraus entstünden dann viele kleine Katholiken. Immerhin hatte Giacobbo die Lacher auf seiner Seite, als er Grichting, der für seine Begründung der Unantastbarkeit der heterosexuellen Ehe bei Adam und Eva anfing, die Frage stellte, weshalb in katholischen Klöstern denn nur Adams lebten.

«Roger Köppel der Katholiken»

Beim Thema eines eigenen Bistums Zürich hatte Grichting leichtes Spiel: «Gebt den Zürcher Reformkatholiken doch ein eigenes Bistum, dann habt ihr Ruhe», schlug Giacobbo vor. Grichting ortete mit Blick auf den Lohn des höchsten Vertreters der Landeskirche gerade im Kanton Zürich ein immenses Sparpotenzial und machte sich damit für die Trennung von Kirche und Staat stark. Einem allfälligen Abbau der Mitgliederzahlen im Bistum Chur begegnete er mit dem Hinweis auf das Wachstum der Katholiken weltweit.

Es gelang Grichting immer wieder, die spitzen Pfeile Giacobbos umzudrehen, ohne darauf eingehen zu müssen. So sprach er etwa vom «mediokren SRF-Leutschenbach-Journalismus», konterte auf die Frage nach der streng hierarchischen Linie von Chur mit der Aussage, Chur sei liberaler als die SRG. Denn aus der katholischen Kirche könne man schliesslich austreten. Auf Giacobbos Bezeichnung, Grichting sei so etwas wie der «Roger Köppel der Katholiken», entgegnete der Generalvikar, er würde sich eher mit Mike Müller vergleichen, diesem «langweiligen Schnarchsack».

Grichting bewies damit etwas, was in katholischen Kreisen eher selten anzutreffen ist, nämlich Humor, der ihm von Viktor Giacobbo auch attestiert wurde. Bleibt jedoch die Frage, ob Martin Grichting immer auf diese Weise mit Menschen umgeht, die ihm unangenehme Fragen stellen: Indem er die Frage übergeht und den Spiess einfach umdreht. Für eine Satiresendung ist das eine gute Strategie, und Grichting gebührt ein Lob, dass er diese Konfrontation mit Bravour gemeistert hat. Von einem Seelsorger und möglichen Anwärter auf das Bischofsamt müsste bei innerkirchlichen Auseinandersetzungen allerdings ein anderes Vorgehen erwartet werden. (sys)

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