Bischöfe – die grossen Abwesenden

Kommentar zum «Club» im Schweizer Fernsehen vom 24. Februar

Martin Spilker

«Gesegnete Lesben – Kirche im Clinch» lautete der Artikel der Diskussionsrunde Club, die am Dienstag, 24. Februar, auf SRF 1 ausgestrahlt wurde. Im Clinch steckte zuerst aber einmal Club-Redaktionsleiterin und Gesprächsleiterin Karin Frei. Sehr gerne hätte sie das Thema – das seit Bekanntwerden der Segnung eines lesbischen Paares durch einen römisch-katholischen Priester in der Pfarrei Bürglen UR in aller Munde ist – von möglichst unterschiedlichen Standpunkten aus diskutieren lassen. Dazu hätte ganz gewiss auch ein Vertreter des Bistums Chur oder ein Vertreter der Schweizer Bischofskonferenz gehört. Denn der Churer Bischof Vitus Huonder hat den erwähnten Pfarrer zum Rücktritt aufgefordert, was dieser ablehnt (und für diesen Entscheid sehr breite Unterstützung findet). Doch weder der Churer Bischof noch sonst ein Vertreter der Bischofskonferenz wollte sich dem Gespräch stellen. Die Moderatorin bedauerte dies sehr, machte aber gleich klar, dass die Diskussion im «Club» dennoch geführt werde.

Die Abwesenden haben immer Unrecht

«Les absents ont toujours tort», lässt sich dazu nur sagen. – Abwesende haben immer Unrecht, weil sie zum Gesagten keine Stellung beziehen können, beziehungsweise, wie hier, keine Stellung beziehen wollen. Die Diskussion ist denn auch gar nicht so verlaufen, wie der Titel in Aussicht stellte. Die Diskussionsrunde kam beim Thema Segnung von homosexuellen Paaren überhaupt nicht in den Clinch. Da machte der Kapuzinerpater Willi Anderau klar, dass die Segnung Homosexueller bestimmt keine Gefahr für die traditionelle Ehe darstelle. Der Religionssoziologe Christian Ruch hielt fest, dass die katholische Kirche mit Neuerungen und der Moderne immer schon auf Kriegsfuss gestanden habe. Der Theologe und Journalist Werner de Schepper konstatierte, dass solche Themen die Volkskirche nicht zu spalten vermögen, weil die Mehrheit der Kirchenmitglieder darin gar kein Problem sehe. Und der SRF-Religionsexperte Norbert Bischofberger forderte, dass die katholische Kirche nach der Anerkennung der Religionsfreiheit auch den Schritt zur Anerkennung individueller Entscheide ihrer Mitglieder machen müsse. Dies alles konnte der fünfte Gast, Eva Aeschimann, nur bestätigen: Sie hatte sich, zusammen mit ihrer Partnerin, schon vor vielen Jahren mit der Frage der Segnung ihrer eigenen Partnerschaft auseinandergesetzt – und dabei viel Irritation und Verletzung erlebt.

Fragen der Moral werden ohne Kirchenleitung diskutiert – schon längst

So geriet die Diskussion bei grundsätzlicher Einigkeit in der Sache mehr und mehr zu einer Diskussion über das in der breiten Bevölkerung nicht nachvollziehbare Vorgehen der Churer Bistumsleitung. Diese Diskussion allerdings wurde sehr angeregt geführt und machte deutlich, dass in unserer Gesellschaft Fragen der Moral, des Glaubens, ja selbst des kirchlichen Alltags längst ohne Beteiligung der Kirchenleitung diskutiert und allfällige Probleme gelöst werden.

Die Schweizer Bischöfe hätten die Möglichkeit gehabt, zu einer aktuellen Frage ihre Haltung darzulegen, zu erklären, zu begründen. Und sie hätten hören können, wie unverblümt ausserhalb von Bischofssitzen die Haltung der Kirchenleitung in Frage gestellt wird. Auch darauf hätten sie reagieren können. Wer sich der Auseinandersetzung aber gar nicht stellt, mit dem kann man leider nicht ins Gespräch kommen. (ms)

 

Club: Gesegnete Lesben – Kirche im Clinch

 

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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