Fastenopfer-Chef: «Dorfmetzger findet Aufruf zu weniger Fleischkonsum wohl nicht lustig»

Luzern, 18.2.15 (kath.ch) Heute am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. In diesem Jahr wird mit der Ökumenischen Kampagne von «Fastenopfer», «Brot für alle» und «Partner sein» speziell auf die Folgen der Fleisch- und Futtermittelproduktion und des weltweiten Fleischhandels und dessen Auswirkungen auf das Klima hingewiesen. Fastenopfer-Direktor Patrick Renz erklärt im Interview mit kath.ch, warum sich gerade die Kirchen um den Klimawandel sorgen müssen.

Martin Spilker

Die Fastenkampagne steht dieses Jahr unter dem Titel «Weniger für uns. Genug für alle» (siehe Text rechts). Glauben Sie wirklich, dass etwas Verzicht von uns den Hunger aus der Welt schaffen kann?

Patrick Renz: Unser Ziel ist es, für das Thema Klimawandel zu sensibilisieren, Ursachen und Zusammenhänge zu zeigen. Beispielsweise welche Auswirkungen die Fleischproduktion auf das Klima hat. Darum sagen wir: Unser Fleischkonsum hier hat – wenn man die Zusammenhänge anschaut – direkten Einfluss auf den Klimawandel. Und, ja: Ich bin überzeugt davon, dass die Veränderung von Gewohnheiten kleine Beiträge zu Veränderungen sind, die Grosses bewirken können.

Spenden mag in kirchlichen Kreisen verbreitet sein. Aber Sie rufen zum Verzicht auf. Haben Sie nicht Angst, dass Sei damit den Bogen überspannen und gerade Leute, die selber auch nicht viel haben, vor den Kopf stossen?

Wir begehen die Fastenzeit, da steckt das Wort Fasten drin und von dort ist es zum Verzicht nicht weit. Uns ist es ein Anliegen, das Fasten mit persönlichen Erlebnissen, mit Veränderungen des eigenen Handelns zu verbinden. Der Aufruf zum Verzicht ist keine Provokation, sondern hat viel mehr eine kreative, subversive Kraft in sich.

Wie das?

Nun, wenn ich auf etwas verzichte, dann kann oder muss ich etwas anderes machen. – Das erfordert Kreativität, beispielsweise einen Apéro ohne Alkohol zuzubereiten. Doch zurück zur Frage: ich stelle immer wieder fest, dass Leute, die selber nicht im Überfluss leben durchaus bereit sind, auf etwas zu verzichten und sich sehr solidarisch verhalten.

Hinter dem diesjährigen Motto steht der Einsatz gegen den globalen Klimawandel. Warum ist das ein Thema für die Kirchen?

Erstens, ganz biblisch: Gott hat dem Menschen die Erde, die Schöpfung zur Bewahrung übergeben. Und der Klimawandel ist eine Folge des menschlichen Raubbaus an den Ressourcen. Und zweitens: Die Kirche ist für die Menschen da und ganz besonders für die Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen. Bei unseren Projektpartnern im Süden sehen wir die Folgen des Klimawandels vor Ort. Und davon sind immer Menschen betroffen. Als Hilfswerk wollen und müssen wir gerade auf solche Missstände aufmerksam machen. – Das ist auch unangenehm. Denn wir, die nicht so unmittelbar von diesen Klimaveränderungen betroffen sind, erkennen uns dabei als Mitverursacher.

Sie bereisen zurzeit sehr viele Länder, in denen Fastenopfer im Einsatz steht. Was nehmen Sie von diesen Reisen für Ihre Arbeit mit nach Hause?

Als Direktor eines Hilfswerks habe ich erstens die Aufsichtspflicht über unsere Projekte, die mit dem Einsatz von Spendengeldern mitfinanziert werden. Zweitens ist mir die direkte Begegnung mit unseren Partnern vor Ort ein grosses Anliegen. Ich lerne Menschen, ihre Schicksale und neue Lösungen kennen. Davon kann ich hier erzählen. Und drittens ist es wichtig, in den Partnerländern unsere Haltung zu erklären, Verständnis dafür zu schaffen, warum wir hier im Norden eben so und nicht anders leben und dass auch bei uns die allermeisten Menschen nicht einfach den Geldhahn aufdrehen können. Zudem stellen wir fest, dass Entwicklungszusammenarbeit, ganz wie bei internationalen Unternehmen, immer multilateraler wirdViele unserer Partnerorganisationen im Süden haben nicht nur Kontakte mit uns Geldgebern im Norden sondern auch direkte Kontakte zu vergleichbaren Projekten und Bewegungen auf anderen Kontinenten und da ist gut so. Als Hilfswerk mit langer Erfahrung können wir als Vermittler auftreten.

Erlauben Sie die Frage: Steht bei Ihnen zu Hause ein Fastenopfer-Säckli? Und wo setzen Sie den Hebel an und verzichten in den kommenden Wochen?

Ja, das Säckli steht bereit. Und ich persönlich verzichte während der Fastenzeit auf Alkohol und will bewusster auf meinen Fleischkonsum achten. Ich habe auch im Sinn, mit unserem Metzger im Dorf das Gespräch zu suchen. Denn der findet unseren Aufruf, weniger Fleisch zu konsumieren, wohl nicht lustig. Aber auch hier: Es geht darum, das Gespräch zu suchen und unsere Haltung zu erklären. Das geht nur von Mensch zu Mensch.

Zur Person: Dr. Patrick Renz, 49 Jahre, ist seit 1. April 2014 Direktor des katholischen Hilfswerks Fastenopfer. Renz ist Betriebwirtschafter und hat viele Jahre in führenden Funktionen in der Privatwirtschaft gearbeitet. Vor seinem Wechsel zum Fastenopfer war er Professor für Management, Governance, Organisationsethik und Projektmanagement an der Hochschule Luzern – Wirtschaft tätig. Patrick Renz engagiert sich seit Jahren in der Entwicklungszusammenarbeit und war von 2011 bis 2013 Mitglied des Stiftungsrats von Fastenopfer.

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https://www.kath.ch/newsd/fastenkampagne-2015-weniger-fuer-uns-genug-fuer-alle/