Bern: Segensfeier für allerlei Liebende

Bern, 15.2.15 (kath.ch) Was in Bürglen UR derzeit hohe Wellen wirft, ist in Bern selbstverständlich: Die Segnung von Liebenden jeglicher Art – egal ob hetero- oder homosexuell. Zum gestrigen Valentinstag lud die katholische Kirche der Region Bern zu einer «Segensfeier für mancherlei Liebende» ein.

Sylvia Stam

«Diese Segensfeier ist etwas Wunderbares, sehr berührend», sagt eine ältere Dame aus Belp, «es wird einem so richtig bewusst, wie schön man es zusammen haben kann.» Als «etwas Zusätzliches zum Alltäglichen» bezeichnet ein junger Mann aus Münsingen den Segen, den die Liebenden bekommen haben. Das sei wie ein guter Wunsch. «Wir nehmen Gedankenanstösse mit», ergänzt seine Partnerin.

«Wir sind gekommen, um unsere Beziehung anzuschauen und um Danke zu sagen für die gemeinsame Zeit», sagt eine Katholikin mittleren Alters aus Bern, die mit ihrem reformierten Mann zur Segensfeier kam. Die beiden wurden angeregt, weiter zu diskutieren, zum Beispiel darüber, was sie noch gemeinsam erleben möchten. Dies war eine der Fragen, die Felix Klingenbeck, Pfarreileiter aus Münsingen, den Paaren stellte, die sich am Valentinstag zur diesjährigen Segensfeier «für mancherlei Liebende» in der Kirche Bruder Klaus in Bern eingefunden hatten. Gemeinsam mit ihm gestalteten seine Frau Monika Klingenbeck sowie Peter Sladkovic, Pfarreileiter in Worb, und dessen Frau Angela Büchel die schlichte Feier.

Gemeinsam über die Beziehung nachdenken

Gegen 50 Paare sind gekommen, Frauen und Männer jeden Alters, darunter auch drei lesbische Paare, vereinzelt Eltern und Grosseltern mit Enkelkindern. Sie sind verheiratet oder geschieden und neu liiert, katholisch, reformiert oder aus der Kirche ausgetreten. Was sie suchen, ist das gemeinsame Feiern, den Segen Gottes für ihre Beziehung, und nicht zuletzt die Möglichkeit, gemeinsam über die Beziehung nachzudenken.

«Wie war das, als Ihre Blicke sich zum ersten Mal kreuzten?», so die erste von vier Fragen, welche die Liebenden gemeinsam diskutieren. «Was war die grösste Überraschung in Ihrer Beziehung? Welche bösen Überraschungen haben Sie erlebt? Und welche Überraschungen erwarten Sie noch?». Zwischen den einzelnen Impulsen Musik, eingängig, und angeregte Gespräche zu zweit. Die Gottesdienstbesucher sitzen meist paarweise, ein Mann hat den Arm und die Schulter der Frau gelegt, eine junge Frau lehnt den Kopf an die Schulter ihres Partners, leises Geschäker, ein verstohlener Kuss.

Brennpunkte des Lebens feiern

Zum Abschluss der Feier gehen alle nach vorn, stellen sich um den Altar, Hand in Hand, umschlungen, oder einfach nebeneinander. «Bitten wir Gott, uns und unsere Liebe zu segnen», sagt Peter Sladkovic. Einen Moment verharren die Liebenden still um den Altar, ehe sie die Kirche über den mit Kerzen bestückten roten Teppich verlassen, um nebenan beim Apéro auf ihre Liebe anzustossen.

«Für Lebenswenden wie etwa die Hochzeit oder Taufe gibt es Sakramente. Daneben kennt das Leben aber noch andere Brennpunkte, die wir ebenfalls feiern möchten», erklärt Klingenbeck gegenüber kath.ch die Gründe, die zu diesen Segnungsfeiern geführt haben. Seit neun Jahren bietet die katholische Kirche der Region Bern Segnungsfeiern für Liebende an, aber auch solche für Pensionierte oder Menschen in Trennung oder Scheidung.

«Eine Beziehung zu leben ist für viele Menschen etwas ganz Grundsätzliches», so Klingenbeck, und der Tag des Heiligen Valentin, der einst ein Paar traute, obschon es der Kaiser verboten hatte, habe sich als Datum für eine Feier für Liebende geradezu angeboten. Zwischen 70 und 100 Leute kämen in der Regel, meist Paare, aber auch Singles hätten schon teilgenommen, die gerade ihre Sehnsucht nach einer Liebesbeziehung eingebracht hätten. «Es geht darum, den Menschen Kraft und Ermutigung zuzusprechen», so Klingenbeck.

Homosexuelle willkommen

Die Formulierung «für mancherlei Liebende», wie es in der Ausschreibung heisst, sei bewusst offen gewählt: für Menschen jeden Alters, für homo- und heterosexuelle Paare, verheiratete oder unverheiratete, Kirchenferne und kirchlich Engagierte. Einzelne homosexuelle Paare kämen jeweils, doch Reaktionen darauf habe es nie gegeben.

Dies bestätigen die Paare beim anschliessenden Apéro, wo der Fall des Pfarrers von Bürglen, der eine lesbische Verbindung gesegnet hatte und deswegen demissionieren soll, die Gemüter bewegt. «Das hat mich wahnsinnig entsetzt», sagt eine ältere Dame, die sich als «ökumenisch» bezeichnet. «Es gibt gar keine Worte dafür. Darum finde ich es schön, dass die Pfarrei hier diese Segensfeiern für allerlei Liebende anbietet.» (sys)

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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