SEK-Ratspräsident Locher soll Bischof oder Bundespfarrer heissen

Zürich, 14.2.15 (kath.ch) Es war ein mutiger Schritt. Vergangenen Herbst entschieden die Schweizer Reformierten: Wir wollen auch auf Bundesebene Kirche sein. Aus dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK), derzeit ein lockerer Zusammenschluss reformierter Kirchen, soll eine echte Kirchengemeinschaft entstehen. Wird Gottfried Locher, SEK-Ratspräsident, damit zum Bischof? «Er ist es jetzt schon. Man nennt ihn nur nicht so. Das ist schade.», sagte Lukas Kundert, reformierter Kirchenratspräsident in Basel-Stadt, gegenüber kath.ch. Kein anderer Repräsentant der Reformierten spricht sich so offen für ein Bischofsamt auf nationaler Ebene aus.

Barbara Ludwig

Anfang November 2014 sagte die SEK-Abgeordnetenversammlung Ja zu einer gesamtschweizerischen Kirchengemeinschaft. Zudem sprach sich das Parlament des SEK für ein dreigliedriges Leitungsamt auch auf Bundesebene aus: «Die Kirchengemeinschaft wird künftig synodal, kollegial und personal geleitet.» Das heisst durch eine Synode, einen Rat und ein Präsidium des Rates, das durch eine Pfarrerin oder einen Pfarrer besetzt sein muss.

Damit hat aus Sicht von Kundert die Abgeordnetenversammlung des SEK «das Bischofsamt bereits beschlossen». «Aber ob sie den Inhaber oder die Inhaberin dieses Amtes wirklich auch als Bischöfin oder Bischof bezeichnen will, das – und nur das – ist zurzeit noch strittig», sagte Kundert gegenüber kath.ch. Er selbst hat eine klare Meinung dazu, zu der er auch öffentlich steht, wie bereits die Sendung «Zwischenhalt» von SRF1 (31. Januar) zeigte.

Neuer Begriff Bundespfarrer

Die personale Kirchenleitung bestehe «aus zwei Ingredienzen», einem weltlichen und einem geistlichen Teil, so Kundert gegenüber kath.ch. Jeder Pfarrer leite geistlich, «wenn das Wort öffentlich verkündigt und wenn die Sakramente verwaltet werden». Laut Kundert zählen ein Gemeindepfarrer, aber auch ein Spital- oder ein Industriepfarrer zu den geistlichen Leitern.

Und es sei richtig, «spezielle kirchliche Begriffe» für geistliche Ämter zu verwenden. Nun fehle aber eine solche Bezeichnung «für unseren Pfarrer, der das auf Bundesebene leistet», findet Kundert. Gegenwärtig ist das der SEK-Ratspräsident Gottfried Locher. «Wollen wir ihn Bundespfarrer nennen, also einen neuen Begriff schaffen, oder wollen wir ihn so nennen, wie er auch in anderen evangelischen Kirchen genannt wird, nämlich Bischof?»

«Locher hat heute schon bischöfliche Funktion»

Für Kundert ist klar: Locher nimmt bereits heute eine bischöfliche Funktion war. Der SEK-Ratspräsident nehme Stellung zu aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen, zu kirchlichen Themen und zu Fragen des Glaubens. Er sei in den Medien präsent und werde von diesen «als Kirchenstimme» wahrgenommen. Locher pflege Beziehungen zu den Bundesbehörden, vertrete die Schweizer Reformierten international in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen, aber auch gegenüber der römisch-katholischen Kirche. «Die Öffentlichkeit nimmt Locher nicht als einen weltlichen Präsidenten wahr, sondern als einen Geistlichen.»

Nach dem Entscheid vom November für eine Kirchenreform sollten die Reformierten «auch in der Sprache deutlich machen», dass sie nun auch auf Bundesebene Kirche sind und sich für eine synodale, kollegiale und personale Leitung entschieden haben, fordert Kundert. «Es wäre schade, man würde wieder nur vom Präsidenten sprechen, als handelte es sich bei diesem Amt um ein rein weltliches Amt.»

Begriff «Bischof» von der katholischen Kirche beherrscht

Steht Kundert mit seiner Meinung allein auf weiter Flur? «Ich habe den Eindruck, dass ich mehr Verbündete habe, als sich zu Wort melden», sagt er selber gegenüber kath.ch. Warum? «Weil der Begriff ‘Bischof’ von der römisch-katholischen Kirche beherrscht wird.» Es sei ein «langer Weg, die festgefahrenen Bilder von diesem Amt innerhalb des evangelischen Raumes zu lockern und die Menschen auf einem Weg mitzunehmen, auf dem sie dieses für die Kirche wichtige Amt evangelisch denken lernen.» Es sei entscheidend, dass der Bischof oder die Bischöfin – anders als in der römisch-katholischen Tradition – «bei uns nur ein Glied der dreigliedrigen (synodal, kollegial und personal) Leitung ist».

 

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