«Keine theologische Turnübung»

St. Gallen, 21.1.15 (kath.ch) Sabine Rüthemann, die Kommunikationsbeauftragte des Bistums St. Gallen, nimmt Stellung zur Debatte rund um das Kaninchen-Zitat. Verfolgt der Papst eine neue Familienpolitik?

«Manche glauben, und entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, um gute Katholiken zu sein müssten wir sein wie Kaninchen. Nein!».

Pointiert und zugleich locker spricht Papst Franziskus auf der Heimreise von den Philippinen über Familienplanung. Die Menschheit muss sich nicht vermehren wie die als äusserst fruchtbar bekannten Kaninchen. Soweit ist dieser einzige Satz in Videos überliefert, sehr prägnant, «verständlich für alle und keine theologische Turnübung» wie in einem Facebook-Kommentar festgehalten ist.

Der Satz stand aber nicht allein. Eingebettet über eine Aussage zu Paul VI. plädiert Papst Franziskus für die «verantwortete Elternschaft». Die grundsätzliche Offenheit für das Leben und eine vernünftige und verantwortliche Familienplanung gehören auch für gläubige Katholikinnen und Katholiken zusammen. Zu konkreten Fragen oder zu Methoden der Empfängnisverhütung hat er sich laut Gesprächsprotokoll nicht geäussert.

Der Pontifex gibt mit dieser Aussage zentrale Inhalte von Humanae Vitae (umgangssprachlich «Pillenenzyklika») weder auf noch verteidigt er sie. Quotenträchtige Schlagzeilen einiger Medienschaffender zu einem Reizthema vermitteln vorschnell, dass Kondome oder Pille künftig in der Lehre der katholischen Kirche erlaubt sein sollen. Das war nicht das Thema.

Bemerkenswert ist aber, dass der Papst eine drängende Frage aus Sicht der Familien anspricht – speziell im Kontext seines Besuches in Asien und aus der Tatsache heraus, dass in vielen ärmeren Ländern Familien einerseits mehr Kinder haben als sie materiell verkraften können. Andererseits sind Eltern im Alter auf die Unterstützung mehrerer Nachkommen angewiesen. Die Folgen sind bekannt. Aus anderen Gründen führt auch in reichen Ländern des Nordens eine unverantwortete Familienplanung zur Überforderung mancher Eltern.

Papst Franziskus lässt mit seiner Aussage einen zutiefst pastoralen Blick auf die Thematik spüren. Als ehemaliger Seelsorger in Buenos Aires kennt er die Lebenswirklichkeit der Menschen an der Basis. Den Kaninchen-Vergleich höre ich auch als Aufforderung an die Menschen, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Dies beinhaltet seit Jahrzehnten auch die Frage nach der Art der Empfängnisverhütung.

Der Papst hat im Mediengespräch bewusst oder unbewusst ein Thema aufgenommen, über das viele Katholikinnen und Katholiken längst ihre Entscheidung gefällt haben. Nicht nur bei uns in der Schweiz. Die Art und Weise, wie er das gemacht hat, ermutigt im Synodenprozess die konkrete Frage zu stellen: Ist in heutiger Zeit das kategorische Nein zu Pille oder Kondom in der Lehre der katholischen Kirche noch aufrecht zu erhalten? Wie kath.ch schreibt: «Zur Sprache kommen auch die heissen Eisen». (sr)

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